331
Verluste der Verbündeten hingegen seien unbe-
deutend gewesen. Vermutlich ist das Verlustver-
hältnis jedoch umgekehrt gewesen. Denn Oberst-
leumant Brisset sah von weiteren Angriffen ab
und beschränkte sich auf Einschließung der Stellung.
Als darauf der Anmarsch deutscher Truppen auf
Marua gemeldet wurde, wandte er sich nach
Zurücklassung einer Einschließungstruppe vor Mora
südwärts.
Auf die Nachricht von der Zusammenziehung
starker feindlicher Kräfte vor Mora war Haupt-
mann Dühring, der am 21. August die franzö-
sische Station Behagle (Lai) am oberen Logone
erfolgreich angegriffen, ihre Besatzung verjagt und
sodann seine Kompagnie unbelästigt vom Gegner
dem Hauptmann Frhrn. von Crailsheim nach
Garua zugeführt hatte, in Eilmärschen nach Mora
entsandt. Hier warf sich ihm der Feind unter
Oberstleutnant Brisset entgegen. Heftige Kämpfe
entbrannten. Sie fanden ihr Ende, als Haupt-
mann Dühring die Meldung erhielt, englische
Truppen seien auf der Mubi-Straße im Anmarsch
auf Garua. Am 12. Dezember räumte er Maruaz;
nach seinem Abzuge wurde die Stadt von den
Franzosen besetzt. Französische Berichte führen
aus, daß die etwa 20 000 Köpfe zählende Be-
völkerung von Marua sich den Franzosen feindlich
erwiesen hatte. Um so bemerkenswerter ist diese,
von unseren Gegnern anscheinend nicht erwartete
Haltung der Eingeborenen, als der Fanatismus
der Leute von Marua im vergangenen Jahrzehnt
mehrfach der Residentur Adamaua Anlaß zum
Einschreiten geboten hatte. Der Umschwung
in der Gesinnung innerhalb kurzer Zeit beweist
die Richtigkeit der Eingeborenen-Politik des
Gouvernements.
Ein weiterer Versuch, von Garua her den bei
Mora eingeschlossenen Hauptmann von Raben
zu entsetzen, konnte nicht mehr gemacht werden,
da sich nunmehr auch Garua die Ubermacht un-
serer Gegner nahte. Die Mora-Stellung wird
seit dieser Zeit von zwei Kompagnien einge-
schlossen; nur bitterste Not wird zu ihrem Fall
führen.
Durch das Gebirge über Gutschumi war
Hauptmann Dühring von Marua nach Garua
geeilt. Auf die Kunde von seiner Annäherung
wichen die Engländer nach Ssorau zurück. Ihr
Rückzug gab dem deutschen Führer Gelegenheit,
durch einen kühnen Handstreich sich am 19. De-
zember des auf englischem Gebiet bei Bila
Malabu beßfindlichen englischen Lagers zu be-
mächtigen und die dortigen reichen Vorräte zu
vernichten. Am 26. Dezember traf in Garua
die Nachricht vom Anmarsch von vier französischen
Kompagnien ein. Es war die Abteilung des
Oberstleutnants Brisset, der von Marua über
i
Mao Lue—Golombe auf Garua marschierte. Am
29. Dezember geriet seine Vorhut in einen vom
Hauptmann Dühring bei Bardu am Moao Kabi,
etwa 55 km östlich Garua, gelegten Hinterhalt.
Am 14. Januar d. Is. vereinigten sich die
Franzosen unter Oberstleutnant Brisset bei dem
7 km östlich von Garua an der Marua-Straße
gelegenen Dörfchen Tongo mit der von Major
Webb Bowen geführten englischen Abteilung. Die
Franzosen bezogen bei Tongo ein befestigtes Lager;
ihr Versuch, sich auch der etwa 5 km nordwestlich
von Garua an der Demssa-Straße gelegenen
Jambuttu-Dörfer zu bemächtigen, wurde durch
einen Ausfall aus Garua vereitelt. Das englische
Lager befand sich bei dem am Südufer des Benue
gelegenen Dorfe Bogole; aufragende Sandstein-
kuppen boten hier vorzügliche Stellungen. Die
von hier auf Kontscha, Ngaundere und Rei füh-
renden Straßen wurden gesichert. —
Kürzlich hat der Draht die Meldung des
Generalgonverneurs von Nigerien übermitteelt,
daß Garua sich am 11. Juni bedingungslos
ergeben habe, und daß auch Ngaundere von
den feindlichen Truppen, die Garuas Ergebung
zuvor erzwungen hätten, erobert worden sei.
Ob und welchen Einfluß die Besetzung von
Garua und vor allem von Ngaundere auf die
Stellung unserer Truppen im Bezirk Banjo
ausgeübt hat, läßt sich noch nicht übersehen.
4 4
.
Ein Jahr ist verflossen, seitdem am 6. August
1914 plötzlich französische Granaten in den Zoll-
posten Bonga am Ssanga einschlugen, dessen
kleine Besatzung noch keine Ahnung von dem Aus-
bruch des Weltkrieges hatte. Der Kampf um
Kamerun hatte begonnen. Aus Nigerien und
Aquatorial-Afrika drangen Truppen in das Schutz-
gebiet ein. Vor seiner Küste erschienen feindliche
Kriegsschiffe; ihre Granaten zerstörten Küstenorte,
verwüsteten Pflanzungen und Handelsniederlassun-
gen ohne den geringsten Zwang militärischer Not-
wendigkeit. Vorbereiteter Verrat der Duala-
öffnete dem Gegner den Weg in den Kamerun-
Fluß. Leichtes Spiel glaubten nun die Eng-
länder und Franzosen, denen sich im Süden und
Osten Belgier zugesellten, zu haben. Sie haben
sich gründlich getäuscht. Trotz großer Übermacht,
deren ziffernmäßiger Nachweis einer späteren Zeit
vorbehalten bleiben mag, ist es ihnen im Küsten-
gebiet noch nicht gelungen, die Urwaldgrenze auf
Jaunde zu überschreiten. Zwar haben die Fran-
zosen im Süden und Osten Neukamerun erobert,
teilweise mit Unterstützung der Eingeborenen, mit
denen sie noch ältere Bande verknüpften. Doch
langsam nur hat sich der Fortschritt ihrer Unter-
nehmungen vollzogen, seitdem sie die Grenzen