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Behandlung seitens der Engländer, war hart.
Zu efsen gab es mittags Yamsknollen und Fleisch,
abends zur Abwechslung Fleisch mit Bamsknollen.
Das Fleisch war meistens so fett, daß man es
kaum essen konnte, dabei recht viele Knochen.
Die einzige angenehme Abwechslung war dann
und wann ein Besuch seitens der dort in Calabar
stationierten Missionare. Leider konnten sie bei
allen ihren Bemühungen wenig für uns ausrichten,
nicht einmal, daß wir in der Mission Messe lesen
konnten. Ja, der Deutschenhaß ist so groß, daß
ich für mein gutes deutsches Geld absolut nichts
kaufen konnte. Nicht einmal für englisches Geld
konnte ich etwas bekommen. Ich sollte so not-
wendig eine Decke haben (denn bei Tage war es
unter dem Blechdach furchtbar heiß und bei der
Nacht oft empfindlich kalt), aber trotz der Be-
stellung bekam ich keine.
Endlich am 1. März wurden wir mit dem
Dampfer „Salaga“ nach Duala gebracht. Hier
auf dem Dampfer genossen wir gegen alles Er-
warten eine recht gute Behandlung, was wir,
wie wir gleich bemerkten, einem Irländer zu
verdanken hatten.
Am 2. März nachmittags kamen wir nach
Duala und wurden in der „Basler Missions-
handlung“ interniert. Gegen 27 Deutsche, alle
Gefangene, waren da beisammen: Missionare aus
Ossing, Militärs, Beamte usw., darunter alte
Bekannte.
Am 9. März wurden wir: ein Kapitän mit
vier seiner Leute und vier Missionsangehörige
nach Fernando Poo gebracht, nachdem wir,
obwohl es schon so oft geschehen, hier noch ein-
mal, aber auf das gründlichste, untersucht worden
waren. Jeder Papierfetzen erweckte Verdacht,
selbst unsere Taschen mußten zum Schluß noch
umgekehrt werden — und dieses alles vor den
Augen der Schwarzen. In etwa sechs Stunden
liefen wir im Hafen von St. Isabel ein, wo
schon eine Menge Volkes am Ufer versammelt war.
Hier auf der Mission wurden wir aufs freund-
lichste aufgenommen.
Auch deutsche Zeitungen haben wir vom deut-
schen Konsul erhalten. Dort vernahmen wir all-
mählich andere Dinge, als sie die „Newspapers“
uns zu bringen beliebten. Am meisten empörten
uns in diesen „Newspapers“" die geradezu nieder-
trächtigen Karikaturen über den Kaiser und
Kronprinzen.
II.
Die Beschießung von Kribi.
Ende August wurde uns mitgeteilt, daß man
gezwungen sei, das Hospital auf die Mission, in
die Kirche zu verlegen, da es bei einer etwaigen
Beschießung Kribis gerade in der Feuerlinie liege.
Wir erklärten uns bereit, es aufzunehmen — und
noch am nämlichen Tage räumten wir die Kirche,
vorläufig teilweise, aus; zwei kranke Europäer
siedelten in unser Wohnhaus über, wo wir ihnen
einige Zimmer eingeräumt hatten. Das Hospital
der Eingeborenen blieb vorläufig noch drüben an
seinem alten Platz; aber nicht lange. Als die
Nachricht nach Kribi gelangte, daß VBiktoria von
den Engländern beschossen sei, mußten wir die
Kirche, in der wir immer noch, so gut es ging,
Gottesdienst abgehalten hatten, vollständig räumen,
und kurz darauf, als wir die Schreinerei in eine
Notkirche verwandelt und gerade einmal darin
Gottesdienst gefeiert hatten, erschienen nachts
plötzlich alle schwarzen Kranken mit dem gesamten
Hausrat des Hospitals und verlangten Aufnahme
in der Mission. So mußte ich denn das Aller-
heiligste wieder in die Kirche, diesmal in die
Sakristei, hinüberbringen; die Schreinerei wurde
ebenfalls in ein Hospital verwandelt. Ein Kriegs-
schif war nämlich vor Kampo erschienen, und
man vermutete, daß es auch bald vor Kribi
eintreffen werde. Der Trubel auf der Mission
war sehr groß; es wimmelte von schwarzen
Kranken, Krankenwärtern, Besuchern usw. Die
Schule war in einen Operationssaal und in die
Avotheke verwandelt worden, vom Turme der
Kirche herab wehte die Genfer Flagge. So
warteten wir auf das Erscheinen der feindlichen
Kriegsschiffe, und sie kamen. Nachdem am 11. Ok-
tober Kampo von zwei französischen Kriegsschiffen
bombardiert worden war, erschienen diese, der
Kreuzer „Bruixr“ und das Kanonenboot „Sur-
prise“, am 13. Oktober früh morgens während
der heiligen Messe vor Kribi, schickten einen
Unterhändler, der im Namen des Kommandanten
die Ubergabe von Kribi forderte und mit Be-
schießung drohte, wenn die Ubergabe nicht gut-
willig erfolgen würde. Da dieses natürlich nicht
geschah, machten wir uns auf eine Beschießung
gefaßt. Für die Schwestern hatten wir schon
tags zuvor in einem benachbarten Mabea-Dorfe
ein Haus eingerichtet, und dahin begaben sie sich
mit den Kindern. Die gesamte Bevölkerung
Kribis floh ebenfalls in die benachbarten Dörfer,
hauptsächlich nach Buambe, Wasserfall und
Batanga, nur unsere getreuen Lehrer blieben
bei uns. Würde man die Kirche, die Mission
überhaupt, verschonen? Würde man die Rote-
Kreuz-Flagge achten? Das waren die bangen
Fragen, die man auf allen Gesichtern las. Pünkt-
lich zur festgesetzten Zeit, etwas nach 10 Uhr,
krachte der erste Schuß, brüllend schlug die Gra-
nate jenseits der Brücke ein. Dann folgte Schuß
auf Schuß aus beiden Schiffen; die Granaten
zischten teilweise über unsere Köpfe hinweg, die
Luft füllte sich mit Pulverdampf. Ein Verbrechen