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titelt: „Field Notes on German East African,
General Staff India, August 1914, das in Simla
herausgegeben ist und aus der Feder des bis
zum Kriegsausbruch in Daressalam tätigen eng-
lischen Konsuls Norman King stammt.
Nachstehend geben wir die Ausführungen
darüber so wieder, wie sie uns überkommen sind:
Die Arbeit zeigt deutlich, wie die Engländer ganz
positiv mit einer vollkommenen Croberung unserer
Kolonie gerechnet haben, da in einer ebenfalls er-
beuteten englischen Landkarte unserer Kolonie bereits
von den Engländern zu erbauende neue Eisenbahn-
linien eingezeichnet sind. Wir erkennen hieraus un-
zweifelhaft, welche Absichten England auf unsere
Kolonie hat, und diese Erkenntnis wird nun wohl allen
Deutschen eine dringende Aufforderung sein, unser
Letztes an die Verteidigung Deutsch-Ostafrikas zu setzen.
Ferner kann jetzt wohl von niemandem mehr be-
zweiselt werden, daß nur das energische, zielbewußte
Vorgehen unserer Schutztruppe den Feind in seinen
Absichten ganz erheblich gestört und schließlich auch zu
dem ersten glänzenden Erfolg in Tanga geführt hat.
Von größtem Interesse für uns ist schließlich der
Umstand, daß die militärische Aktion gegen unsere
Kolonie von dem Generalstab in Indien aus geleitet
wird. —
Der Bericht lautet:
Bevölkerung: Der Bezirk Moschi enthält die meisten
englischen Untertanen, 16 Briten und 234 Buren.
Eine zweite Burenkolonie, die 300 Köpfe zählt, hat
sich 1906 in Jraku, südöstlich Aruscha, gebildet. Die
europäische Bevölkerung von Daressalam-Stadt zählt
über 1000, darunter 700 Männer, 200 Frauen, 100
Kinder.
Die Beamten Daressalams haben ihre Frauen
und Kinder in der Hauptstadt gelassen; im Falle eines
Angriffs sind sie angewiesen, sich nach dem Hospital
zu begeben, da es im Innern kein passendes Unter-
kommen für sie gibt.
Hilfsquellen: Weideflächen scheinen im Innern,
spegiell in den Viehländern, wie Ruanda, im Uberfluß
vorhanden zu sein. An der Küfste gibt es keine Weiden,
der Futterbedarf müßte daher von Indien mitgebracht
werden. Daressalam hing früher bezüglich des größten
Teils seiner Zufuhr von Sansibar ab. Mehrere euro-
päische und eingeborene Firmen haben Agenten an
beiden Plätzen. Nach Vollendung der Bahn bezieht
Daressalam seinen Bedarf mehr und mehr vom Innern
Die Deutschen haben alle brauchbaren Magazine
beschlagnahmt, und die Dürre dieses Jahres läßt stellen-
weise Hungersnot drohen. Der Bedarf für die
Truppen sollte daher mitgebracht werden, und es mag
politisch angezeigt sein, Reis im Vorrat für die hun-
gernden Eingeborenen mitzunehmen und ihn entweder
gratis oder zu mäßigen Preisen abzugeben. Das Bieh
wird von den Besitzern gleichfalls weggebracht oder
von den Deutschen in Sicherheit gebracht sein. Später
aber wird sich solches wahrscheinlich beschaffen lassen,
obgleich die Eingeborenen sich nicht gern davon trennen.
(Gemüse ist in Daressalam nicht zu bekommen, in
Tanga dagegen gibt es reichlich.
Militär: Die für die Verteidigung des Landes
in Betracht kommenden Truppen bestehen aus 14 Kom-ü
pagnien eingeborener Infanterie, befehligt von deutschen
Offizieren der Armee, die meist aus Infanteric-Regi-
nentern stammen. Dazu kommt die Poligei, die mili-
lürisch auogebildet ist und zum Teil aus Leuten be-
steht, die früher in der Schutztruppe gedient haben.
Es gibt keine Kavallerie. Ferner sind vorhanden 3000
deutsche Einwohner, Beamte und Ansiedler, die fähig
zum Waffendienst sind. Die eingeborenen Irregulären
besitzen keinen großen Wert. Es ist unwahrscheinlich.
daß mehr als 4000 an einem gegebenen Platz zu-
sammengezogen werden könnten, um einem Angriff zu
begegnen.
Die Leute sind mit der Jägerbüchse (M. 71) ohne
Magazin und kurzem Seitengewehr bewaffnet. Eine
Umbewaffnung mit dem Karabiner 98 mit Magazin
und Seitengewehr 98 war beabsichtigt, sic ist aber an-
scheinend nicht zur Ausführung gekommen. Versuche
werden auch mit einem automatischen Repetiergewehr
gemacht, welches aber nur für den Gebrauch der euro-
päischen Offiziere bestimmt war. Natürlich ist die
ursprüngliche Aufgabe dieser Truppen, Ein-
geborenen-Aufstände in Deutsch-Ostafrika zu
unterdrücken und nicht das Land gegen einen
Feind von außerhalb zu verteidigen oder gar
die Offensive zu ergreifen.
Die eingeborenen Truppen sind gut diszipliniert
und als gute Schützen bekannt. Sie neigen zur Ver-
achtung indischer Truppen, sie hassen sic, und man kann
annehmen, daß sie gut kämpfen werden.
Die deutschen Ansiedler sind wahrscheinlich recht
gute Soldaten, da sie an Jagd gewöhnt sind. Die
Einwohner der Städte, spegiell Daressalams, können
kaum von großem Wert sein und haben wahrscheinlich
wenig Neigung zum Kämpfen (and have probablr
little stomach for fichring). Schützenvereinc sind ge-
bildet in Daressalam, Tanga, Morogoro, Moschi, Wil-
helmstal, Aruscha und Meru.
Es gibt keine besondere Artillerie-Abtei-
lung, obgleich eine Anzgahl Offiziere aus dieser Waffen-
gattung hervorgegangen ist. Mitteilungen hierüber
sind ungenau. Die meisten Offiziere entstammen In-
fanterie-Regimentern. 1909 sollen im Schutzgebiet vor-
handen gewesen sein: 38 Maschinengewehre.
Von Nairobi wird im August 1914 gemeldet, das
es 48 Geschütze gab, meist in Verteidigungsstellungen
6 Berggeschütze, eine Anzahl leichter Feld- und anderer
kleiner Geschütze, ungefähr 42 Maschinengewehre.
Ein Artillerie-Depot und Pulvermagagin befindet
sich auf der Halbinsel gegenüber Daressalam-Stadt.
Im August 1914 berichtet Mr. King, er habe nie-
mals Geschützerxerzieren in Daressalam bemerkt. noch
davon sprechen gehört; er sagte, daß nur zwoölf Ge-
schütze anderer Konstruktion vorhanden wären, von
denen drei in Tabora seien. Es gibt eine Salut-
batteric von vier Geschützen alten Modells in Dares-
salam, die bald nach dem Kriege von 70 in der deutschen
Armee eingeführt waren. „Ein deutscher Offizier teilte
mir mit, daß diese vier Geschütze ausgeschlossen seien
und ebensogut ins Wasser geworfen werden könnten.
Er sagte noch, daß die vorhandene Munition nur für
Salutzwecke diene. Das war vor ungefähr 1½ Jahren,
indessen bemerkte ich, daß diese Geschütze weggenommen
und ins Innere geschafft worden waren, wahrscheinlich
um bei der Verteidigung mitzuwirken. Das Artillerie-
depot in Daressalam konnte wahrscheinlich Munition
machen,. Die Revolverkanonen der „Move“ und ein
Maschinengewehr wurden heruntergenommen, bevor
das Schiff versenkt wurde. Vorhanden ist wenigsteno
ein Doppeldecker im Schugebiect, er ist von Dares-
salam nach Bagamoyo geflogen; es soll eine Menge
Ol und 50 Fässer Benzin geben. Zwei Flugzeuge sind
seitdem über Nairobi gesehen worden.“
Im ganzen schätzt Mr. King die Zahl der Europäer.
die bei der Verteidigung in erster Linie in Betracht