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und von dort zur holländisch-deutschen Grenze.
Ach, war das eine Freude für uns, als wir
unsere Füße auf deutschen Boden stellen durften!
Die deutsche Grenzwache gab uns einen
Freifahrtschein 2. Klasse bis nach Neu-Ruppin.
Überall auf den Bahnhöfen wurden wir von
Sanitätsdamen bewirtet. Es war so erhebend,
die Einigkeit des deutschen Volkes sehen und
fühlen zu dürfen. Jetzt weilen wir im Missions-
hause zu Neu-Ruppin und fühlen uns wohl und
geborgen, voll Dank gegen Gott, der uns in all
der schweren Zeit bewahrt hat.
Kolonialwirtschaftliche Oitteilungen.
Karl Supf #F.
Der langjährige hochverdiente Vorsitzende des
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees, Fabrik-
besitzer Karl Supf, ist am 28. Januar gestorben.
Aus Anlaß seines Todes hat der Staatssekretär des
Reichs-Kolonialamts Dr. Solf an das Komitee nach-
stehendes Beileidsschreiben gerichtet:
Berlin, den 29. Januar 1915.
Mit aufrichtigem Bedauern habe ich von dem Hin-
scheiden des von mir hochgeschätzten Herrn Supf,
Ihres langjährigen Vorsitzenden, Kenntnis erhalten
und spreche Ihnen zu diesem schweren Verluste meine
berzliche Anteilnahme aus.
Auch die Kolonialverwaltung hat durch sein Hin-
scheiden einen schweren Verlust erlitten. Mit dem
Entschlafenen ist ein Mann dahingegangen, der schon
zu einer Zeit, in der der koloniale Gedanke in den
breiten Massen des deutschen Volkes noch nicht Wurzel
geschlagen hatte, klar erkannte, daß die koloniale Sache
nur dann gedeihlich fortschreiten könne, wenn neben
der Aufklärungsarbeit, die die Deutsche Kolonialgesell-
schaft in erfolgreicher Weise betrieb, auch eine praktische
Mitarbeit in kolonialwirtschaftlichen Fragen in die
BWege geleitet würde. Supf ist bei der Gründung des
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees in hervorragender
Weise beteiligt gewesen und hat als dessen Vorsitzender
seine ganze Persönlichkeit und Arbeitskraft selbstlos
für die hier gestellten Aufgaben eingesetzt. Dank seinem
gewinnenden Wesen und seinem hervorragenden Orga-
nisationstalent ist es ihm gelungen, Interesse in fast
allen Kreisen, die dieser Bewegung bisher teilnahms-
los gegenüberstanden, zu erwecken. So baute er das
anfänglich auf schwachen Füßen stehende Komitee durch
zielbewußtes Vorgehen und mit selten glücklicher Hand
zu einer über das deutsche Vaterland hinaus bekannten
und geachteten Vereinigung aus.
Unter seiner Leitung hat das Komitec die Frage
des Baumwollbaus in den deutschen Schutzgebieten
aufgegriffen und durch Entsendung von Erkundungserpe-
ditionen sowie durch Klärung aller einschlägigen techni-
schen Fragen den Baumwollbau so weit gefördert, daß so-
wohl in Togo als auch in Deutsch-Ostafrika die Grund-
lage für die Entwicklung einer beachtlichen Erportkultur
gelegt wurde. Die vom Komitee hier getroffenen Einrich-
tungen nahmen einen Umfang an, wie er wenigen
privaten Unternehmungen vergönnt ist, und es sah sich
genötigt, den größeren Teil der in den Schutzgebieten
geschaffenen Anlagen allmählich an die Kolonialver=
waltung abzugeben.
Für die Baumwoll-Organisation des Kolonial=
Wirtschaftlichen Komitees, das eigentliche Lebens-
werk des Entschlafenen, spricht wohl am meisten der
Umstand, daß nach ihrem Vorbild in England und
Frankreich ähnliche Unternehmungen ins Leben ge-
rufen wurden.
In gleicher Weise hat das Komitee unter Supfs
Führung auch in anderen Fragen auf kolonialem Ge-
biete bahnbrechend gewirkt. Sobald ein Ziel von
größerer Tragweite auftauchte, gelang es den persön-
lichen Bemühungen des Vorsitzenden immer wieder,
die nötigen Mittel aus privater Hand für die Ent-
sendung eigener Erkundungsexpeditionen, für die Unter-
stützung von Gelehrten usw. zu erlangen. Als Re-
sultat dieser Untersuchungen liegt eine Reihe von
Schriften vor, die auch jetzt, wo wir über koloniale
Dinge im allgemeinen besser orientiert sind als zu
der Zeit, in der sie geschrieben wurden, ihre Bedeutung
noch nicht verloren haben. Daß diese Unternehmungen
zumeist von Erfolg begleitet waren, erhellt am besten
daraus, daß die überwiegende Zahl der angeschnittenen
Probleme nicht fallen gelassen wurde, und daß Privat-
interessenten wie Kolonialverwaltung auf den vom
Komitee hier geleisteten Vorarbeiten zum Vorteile
der Schutzgebiete weiter bauen konnten und weiter
gebaut haben. Alle diese Unternehmungen lebensfähig
gestaltet und die oft recht großen Schwierigkeiten aus
dem Wege geräumt zu haben, ist das persönliche Ver-
dienst des Verstorbenen. Seine Konsequenz in der
Verfolgung der einmal gesteckten Ziele, seine ruhige
Sachlichkeit und sein verbindliches Auftreten sicherten
ihm diese Erfolge.
Wie es wenigen vergönnt ist, hat es Karl Supf
verstanden, der Tätigkeit des Kolonial-Wirtschaftlichen
Komitces eine persönliche Note zu geben. Sein Name
wird deshalb mit der wirtschaftlichen Entwicklung der
deutschen Kolonien in den letzten beiden Jahrzehnten.
untrennbar verbunden bleiben.