Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVII. Jahrgang, 1916. (27)

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Lado und der Enklave würde erst stattzufinden 
haben, wenn der Schiedsspruch zugunsten Eng- 
lands ausgefallen sei. Falls er für den Kongo- 
staat sich ausspreche, werde die Räumung erst 
dann stattzufinden haben, falls eine Verständigung 
über die erwähnte anderweitige Kompensation er- 
reicht sei. 
Diese Forderung oiner schiedsgerichtlichen Ent- 
scheidung erklärte eine englische Note vom 22. Ok- 
tober für absolut unannehmbar und seien die Ver- 
handlungen, wenn der Kongostaat auf ihr verharre, 
als gescheitert anzusehen. Van Eetvelde erklärte 
am 3. Dezember 1903, daß der Kongostaat nicht 
den Wunsch gehabt habe, das Abkommen von 
1894 geändert zu sehen. Nur aus Entgegen- 
kommen gegenüber England habe er in die Ver- 
handlungen eingewilligt. Bei der ablehnenden 
Haltung der englischen Regierung gegen ein 
Schiedsgericht würde er nunmehr seine Lage und 
sein Recht als durch das Abkommen von 1894 
definiert betrachten. Schon hätten die Behörden 
im Sudan damit begonnen, im Ghazalgebiet will- 
kürlich die Handlungen der kongolesischen Ver- 
treter zu hemmen. Der Kongostaat sehe sich daher 
genötigt, da ein Teil des Pachtgebietes in das 
konventionelle Kongobecken falle (bis 5°% nördl. Br.), 
für das die Berliner Akte Geltung habe, im Falle 
eines ernsten Zwistes die Vermittlung einer oder 
mehrerer befreundeter Mächte anzurufen. 
Lemaire, im Frühjahr 1903 an der Kongo- 
Nil-Wasserscheide angekommen, errichtete nahe der 
Quelle des Dei zunächst die Depotstation Yei und 
begann dann sofort mit der Erforschung des Yei- 
flusses und seiner Nachbargebiete im Osten. Er 
berichtete, daß nach seiner Meinung nicht der 
Fluß, sondern dessen östliche Wasserscheide gegen 
die kleinen Nebenflüsse des Nil die Grenze bilden 
müsse. Bilde der Yei selbst die Grenze, würde 
die Bevölkerung seines linken Ufers auf das rechte 
Ufer auswandern. Die Engländer würden dann 
dasselbe Prinzip verfolgen, wie am Nil, wo sie 
von der Bevölkerung nichts verlangen, um sie 
auf ihr Gebiet zu ziehen. Das gut bevölkerte 
Yei-Tal bilde die Kornkammer des Nil für 
Redjaf, Lado, Kero usw. Habe man das Yei- 
Tal nicht ganz im Besitz, so werde dessen Be- 
völkerung, zum mindesten die auf dem linken Ufer, 
ein Opfer der Einfälle der Asande-Stämme am 
Meridi werden. Zwischen beiden parallel nach 
Norden fließenden Gewässern liege, wie das 
öfters in Afrika zu beobachten sei, wenn sich 
ethnographisch verschiedene Volksgruppen vonein- 
ander trennen wollen, eine etwa 100 km breite, 
von Süd nach Nord verlaufende menschenleere 
Wildnis. - 
Lemaire gründete am Yei mehrere Stationen 
und drang im Dezember 1903 nach Norden bis 
Rumbek. 
  
zum Jalo vor, wo er an den Moolofällen unter 
6° 3° n. Br. die Station Rapides Strauch gründete. 
Hier erschien am 3. Dezember an der Spitze von 
400 Mann der englische Offizier Poole aus 
Dieser drückte Lemaire sein Erstaunen 
aus, daß der Mudir des Ghazalgebietes nicht 
offiziell von der Aussendung der Expedition benach- 
richtigt sei, und warnte ihn, weiter nach Norden 
vorzudringen. Lemaire betonte den wissenschaft- 
lichen Charakter seiner Mission, die Verträge ge- 
statteten der Expedition, sich frei in dem Pachtgebiet 
äu bewegen, und außerdem erfordere der Schutz 
der Eingeborenen vor den Einfällen der Ma- 
krakrastämme am Meridi die Anlage der Stationen. 
Die sofort von den Vorgängen benachrichtigte 
englische Regierung erhob am 25. Februar 1904 
in Brüssel Protest gegen die Anwesenheit einer 
bewaffneten sogenannten wissenschaftlichen Expe- 
dition im Bahr el Ghazalgebiet und forderte die 
sofortige Zurückziehung der Expedition aus dem 
Gebiet des Sudan. · 
Nach einem eigenhändigen Entwurf des Königs 
wurde die englische Note am 11. März 1904 von 
Cuvelier, wie folgt, beantwortet: 
Monsieur le Ministre 
En réponse à la communication de V. E. 
du 25 février relative à la mission du Com. 
Lemaire j'ai Vhonneur d’appeler Son attention 
sur Harticle II de l’arrangement du 12 mai 1894 
par lequel la Grande Bretagne donne à bail à 
S. M. le Roi-Souverain les territoires qu'y sont 
déterminés, notamment ceux on se trouverait 
cette mission. Les négociations qui se sont 
PDoursuivies depuis deux ans dans le but de 
modifier cet acte ayant é61é rompues sur les 
bases étudices jusqufici Iarrangement de 
1894 conserve toute sa valeur légale 
jusqu's ce qu’il ait été régulièrement 
remplacc par un nouvel accord entre les 
Parties, accord en vue duqucl, le Gouverne- 
ment anglais ne P’ignore pas, nous restons preét 
en ce qui nous concerne, à rechercher avec lui 
d’équitables éGléments. 
Anfang Jannar 1904 mußte Lemaire berichten, 
daß sein Versuch, von der Jalo-Station weiter 
nach Nordwesten vorzudringen, fehlgeschlagen sei, 
weil er von den unter englischem Druck stehenden 
Eingeborenen keine Lebensmittel habe erwerben 
können und die eingeschüchterten Träger desertiert 
wären. Außerdem drohe die neue Regenzeit. 
Unter dem Zwang dieser Verhältnisse sah man 
sich in Brüssel veranlaßt, Lemaire am 14. März 
1904 neue Instruktionen zu senden. Er wurde 
angewiesen, alle Posten nördlich vom 5. Grad 
nördl. Br. zu räumen und sich auf das Gebiet 
südlich von diesem Parallel zurückzuziehen.
	        
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