Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVII. Jahrgang, 1916. (27)

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die Farmer durchschnittlich eingebüßt zu haben; 
manche haben indes ihr ganzes Hab und Gut 
verloren und sind auf die Gastfreundschaft von 
Nachbarn angewiesen. Sehr erschwert ist die 
Wiederaufnahme der Betriebe durch das Verhalten 
der Eingeborenen, deren Frechheiten gegenüber 
die Unionsregierung höchst unangebrachte Nach- 
sicht übt. Arbeiten wollen die Eingeborenen 
nicht mehr; sie ziehen es vor, sich durch Vieh- 
diebstähle ihren Lebensunterhalt zu verschaffen. 
Auch liegen Anzeichen vor, daß sie sich wieder 
zu selbständigen Völkerschaften zusammenzuschließen 
trachten. 
Die Rehobother Bastards sind nach wie vor 
bewaffnet; die Angaben über die Zahl der in 
ihren Händen befindlichen Gewehre schwanken 
zwischen 400 und 800, jedoch dürfte letztgenannte 
Zahl zu hoch sein, da die Gesamtkopfzahl dieser 
Bastards vor dem Kriege nur wenig über 2000 
betragen hat. Indes sind auch noch die ver- 
einzelt im Lande wohnenden Bastardfamilien, 
besonders die des Bezirks Otjimbingwe, in Rech- 
nung zu ziehen, die gegebenenfalls mit den Reho- 
bothern gemeinsame Sache machen können. Die 
Witboois tragen seit der feindlichen Besetzung 
Gibeons wieder ihr altes Stammesabzeichen, den 
großen weißen Hut, und die Hereros sollen sogar 
von dem Wiedererstehen ihres alten Reiches 
träumen. Die Engländer unterstützen diese Sonder- 
bündeleien auf jede Weise. So haben sie die 
Fellschuhträger-Hottentotten wieder in ihrem alten 
Stammesgebiet angesiedelt und auch den Ein- 
geborenen die Rückkehr nach Südwest gestattet, 
die sich aus Furcht vor Strafe wegen ihrer Ver- 
brechen seit Niederwerfung des Aufstandes außer- 
halb des Schutzgebietes aushielten. 
Die weiße Bevölkerung, namentlich der un- 
bewaffnete Farmer, fürchtet daher — dies geht 
aus fast allen Briefen und Berichten hervor —, 
daß es bald zu Gewalttätigkeiten der Eingeborenen, 
wenn nicht gar zu Aufständen größeren Um- 
sanges gegen die Weißen kommen wird. Ob die 
gegenwärtige Regierung des Schutzgebietes die 
Macht hat, ernstere Unternehmungen von Ein- 
geborenen zu verhindern, erscheint zweifelhaft, da 
die dort befindlichen Unionstruppen zur Zeit nur 
noch etwa 2000 Mann stark sein sollen. Be- 
zeichnend für die gegenwärtigen Verhältnisse im 
Schutzgebiete ist der Ausspruch, den ein englischer 
Offizier getan haben soll: „Wenn wir das Land 
nicht behalten können, dann wollen wir den 
Deutschen wenigstens einen großen Eingeborenen- 
aufstand zurücklassen!“ 
Die Postverbindung zwischen der Heimat und 
den internierten Kriegsgefangenen, also mit dem 
Offizierlager in Okanjande und den in Aus be- 
sindlichen übrigen Angehörigen der aktiven Schutz- 
  
truppe, ist seit einiger Zeit auch auf Paketsen- 
dungen ausgedehnt worden, die das Nieder- 
ländische Rote Kreuz dankenswerterweise ver- 
mittelt. Hingegen steht die englische Regierung, 
wie aus einer Mitteilung des Prisoners of 
War Information Bureau in London hervor- 
geht, auf dem eigenartigen Standpunkt, eine un- 
mittelbare Postverbindung aus Deutschland mit 
den freigelassenen Schutztruppenangehörigen und 
mit der Zivilbevölkerung des besetzten Gebietes 
nicht dulden zu können. Für alle Nichtinter- 
nierten ist daher der Briefverkehr zur Zeit nur 
durch Vermittlung des neutralen Auslandes, also 
z. B. durch das Internationale Friedensbureau 
in Bern möglich. Geld= und Paketsendungen an 
die deutsche Bevölkerung in Südwestafrika werden 
trotz aller amtlichen Bemühungen bis jetzt auch 
über das neutrale Ausland nicht zugelassen. 
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V. Besitzungen in der Südsee. 
1. Deutsch-Neuguinea. 
A. Altes Schutzgebiet. 
Eine regelmäßige Verbindung mit dem Schutz- 
gebiet hat auch bis jetzt noch nicht wieder her- 
gestellt werden können, doch steht nach den neuer- 
lichen Erklärungen der englischen Regierung zu 
erwarten, daß kurze Mitteilungen, die sich auf 
rein private und geschäftliche Angelegenheiten be- 
ziehen und der Zensur unterliegen, über neutrale 
Länder mit dem Schutzgebiet ausgetauscht werden 
können. 
Nach den wenigen hierher gelangten Nach- 
richten kann angenommen werden, daß die öffent- 
liche Ruhe im Schutzgebiet auch weiterhin nicht 
gestört worden ist. Dagegen hat die australische 
Besatzungsbehörde leider wieder eine Anzahl Be- 
wohner des Schutzgebiets unter der zweifellos 
jeder tatsächlichen Grundlage entbehrenden Be- 
schuldigung, daß sie versucht hätten, die Einge- 
borenen gegen die Engländer aufzuwiegeln, nach 
Australien transportieren lassen. 
Es sind dies: 
Bruno Grigat, Pflanzungsbesitzer, Neu-Hannover; 
E. Paur, Apothekenbesitzer, Rabaul; 
Hugo Pacetsch, Leutnant d. Res., 
Rabaul; 
Bruno Walter, Leutnant z. S. d. Res., I. Offi= 
zier K. G. S. „Komet“", Rabaul; 
H. Dalibor, Maschinist, Kaewieng; 
H. Haeberlein, Pflanzungsleiter, Kaewieng; 
H. Balkan, Pflanzungsleiter, Kaewieng; 
H. Goetsch, Kaufmann, Rabaul; 
Kaufmann,
	        
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