Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXXI. Jahrgang, 1920. (31)

  
EVEIIEIIEEDM 
Die Schuldfrage, betreffend die Ubertragung der Feindseligkeiten 
auf das Kongobecken. 
Eine Entgegnung auf das zweite belgische Graubuch. 
Das zweite belgische Graubuch = Correspondence diplomatique et politique relative à la 
guerre en Afrique 1919 unternimmt einen neuen Versuch, Deutschland die Schuld an dem Eintritt 
des Kriegszustandes zwischen Deutsch-Ostafrika und Belgisch-Kongo zuzuschieben. Das Grau- 
buch legt dar, daß ein deutscher Tanganjika-Dampfer am 15. August 1914 südlich Uvira ein 
Rasthaus beschossen, Telephonanlagen zerstört und 15 Eingeborenen-Kanus versenkt habe (die 
Meldung über diesen Vorfall ist im Graubuch datiert vom 4. August 1915 ab Stanle) ville); 
ferner habe derselbe Dampfer am 22. August 1914 den Hafen Lukuga angegriffen, wobei zwei 
Eingeborene getötet und zwei verwundet worden seien (Meldung vom 26. August 1914 ab 
Elisabethville); Deutschland habe also die Feindseligkeiten begonnen entgegen dem auf Neu- 
tralität gerichteten Wunsche Belgiens. Deutschland treffe die alleinige Verantwortung dafür, 
daß Artikel 11 der Kongoakte nicht in Kraft getreten sei. 
Die im Graubuch angeführten Begebenheiten sind richtig (da die erste nach Mitte 1915 
zur Kenntnis der belgischen Regierung gelangt ist, hat sie natürlich auf ihre Entschlüsse 
keinen Einfluß gehabt, und ihre Einfügung unter Nr. 12 in das Graubuch wirkt irreführend). 
Aber leider versäumt das Graubuch ein Begebnis anzuführen, das sich bereits in den ersten 
Kriegstagen ereignete. Der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika wußte zunächst nichts von der 
Teilnahme Belgiens am Kriege und rechnete bestimmt mit der Neutralität Belgisch-Kongos. 
Auf seine Veranlassung wurde am 6. August 1914 Assessor Dr. Dietrich nach Albertville 
geschiekt, um Fühlung mit den für neutral gehaltenen kongo-belgischen Behörden aufzu- 
nehmen, hauptsächlich im Interesse der Nachrichtenübermittlung. In Albertville wurde 
Dr. Dietrich eröffnet, daß zwischen Deutschland und Belgien Kriegszustand herrsche; er 
selbst mit der Besatzung seiner Dhau wurde interniert, die Dhau beschlagnahmt. Dr. Dietrich 
gelang es aber zu entflichen und nach einer kühnen Fahrt im Kanu über den Tanganjika 
am 9. August Udjidji wieder zu erreichen, wo er über die ihm widerfahrene Behandlung be- 
richtete. Der erste unneutrale Schritt geschah also von kongo-belgischer Seite, und es ist 
durchaus erklärlich, daß die schwachen deutschen Seestreitkräfte auf dem Tanganjika mili- 
tärische Mahregeln ergriffen. « 
Diese Feststellung soll nur dazu dienen, die Angaben des belgischen Graubuches 
richtigzustellen; denn nach wie vor vertritt die deutsche Regierung den Stand- 
pbunkt, daß nicht die lokalen Grenzzwischenfälle in den ersten Wochen des 
Kriegsausbruches, sondern allein das Verhalten der heimischen Regierungen 
für die Klärung der Frage maßgebend ist, wen die Schuld trifft für die Ent- 
fachung des Krieges im Kongobecken. Artikel 11 der Kongoakte, besonders der Schlutß-— 
satz, ist ganz darauf zugeschnitten, daß die Neutralisation des Kongobeckens auch nach der 
Aufnahme von Feindseligkeiten durch die Bemühungen der Signatarmächte erfolgen konnte. 
(Ubersetzung.) 
Acte Général! de la Conférence de Berlin. Generalakte der Berliner Konferenz. 
Article 11. Artikel 11. 
Dans le cas ou une Puissance exercant des 
droits de souveraineté ou de protectorat dans 
les contrées mentionnées à Darticle 1 et placées 
sous le régime de la liberté commerciale serait 
impliquée dans une guerre, les Hautes Parties 
signataires du présent Acte et celles qui y 
adhéreront par la suite s'engagent à preter 
leurs bons offices pour due les territoires ap- 
Falls eine Macht, welche Souveränitäts- 
oder Protektoratsrechte in den im Artikel 1 
erwähnten und dem Freihandelssystem unter- 
stellten Ländern ausübt, in einen Krieg ver- 
wickelt werden sollte, verpflichten sich die 
Hohen Teile, welche die gegenwärtige Akte 
unterzeichnen, sowie diejenigen, welche ihr in 
der Folge beitreten, ihre guten Dienste zu
	        
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