Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

148 8 75. Das Bankwesen. 
b) Wenn bei Geschäften mit den Finanzverwaltungen des 
Reiches oder der deutschen Bundesstaaten andere als die allge- 
mein geltenden Bedingungen des Bankverkehrs in Anwendung kom- 
men sollen, so müssen diese Geschäfte »zuvor« (d.h. vor ihrem Ab- 
schluß) zur Kenntnis der Deputierten gebracht und, wenn auch nur 
einer derselben darauf anträgt, dem Zentralausschuß vorgelegt werden. 
»Sie müssen unterbleiben, wenn der letztere nicht in einer 
beschlußfähigen Versammlung mit Stimmenmehrheit für die Zulässig- 
keit sich ausspricht«'). Hiernach ist also der Reichskanzler oder sein 
Stellvertreter ohne Zustimmung des Zentralausschusses nicht befugt 
anzuordnen, daß die Bank Schatzanweisungen unter dem allge- 
meinen Bankzins diskontiert oder Anleihen usw. lombardiert. 
c) Zur Leistung von Abschlagszahlungen auf die Dividende ?). 
Entsprechend dem Zentralausschuß werden außerhalb Berlins an 
denjenigen Orten, an welchen Reichsbankhauptstellen etabliert werden, 
Bezirksausschüsse errichtet, die für den Geschäftskreis der Bank- 
hauptstelle eine ganz analoge Tätigkeit zu entwickeln haben, wie sie 
dem Zentralausschuß dem Bankdirektorium gegenüber zukommt. Die 
von den Bezirksausschüssen gewählten Deputierten heißen Bei- 
geordnete?). 
Die Bundesregierungen üben eine Aufsicht über die Leitung der 
Reichsbank aus durch das Bankkuratorium‘). 
6. Der Regel nach ist die Generalversammlung eines Aktienvereins 
befugt, die Fortsetzung des Vereins oder die Auflösung desselben zu 
beschließen. Den Anteilseignern der Reichsbank steht weder das eine 
noch das andere zu; die Reichsbank ist vielmehr zunächst bis zum 
Ende des Jahres 1890 errichtet worden; nach Ablauf dieser Zeit stand 
es im alleinigen Belieben des Reiches, ob die Reichsbank fortbestehen 
oder aufhören sollte, ohne daß die Anteilseigner dabei ein Zustimmungs- 
recht hatten’). Dem Reiche ist nur die Beschränkung auferlegt, daß es die 
Aufhebung ein Jahr vorher ankündigen muß, zuerst am 1. Januar 1890, 
und daß, wenn die Ankündigung unterbleibt, die Reichsbank immer 
um 10 Jahre prolongiert wird. 
Die Prolongierung kann daher stillschweigend geschehen, 
d. h. ohne Gesetz, Verordnung oder Verfügung des Reiches. Jedoch ist 
die Zustimmung des Reichstages dazu erforderlich ®), weil in der Ver- 
längerung der Existenz der Reichsbank zugleich eine Verlängerung des 
verwendenden Betrages durch den Beschluß des Zentralausschusses begrenzt. Es ist 
daher wahrscheinlich, daß die Unterscheidung von Diskontieren und Ankaufen nicht 
ohne Absicht im Bankgesetz gemacht worden ist und es sich nicht bloß um eine 
zwecklose „Häufung verschiedener Ausdrücke für dieselbe Sache handelt“. 
1) Bankgesetz $ 35. 2) Bankstatut 8 15, Abs. 2. 
3) Vgl. die näheren Vorschriften im Bankgesetz 8 36 und Bankstatut S 27 ff. 
4) Bankgesetz 8 25. Vgl. Bd. 1, S. 402. 5) Bankgesetz Art. 41. 
6) Bankgesetz 8 41, Abs. 3. Ueber die Unzweckmäßigkeit der im Art. 41 ent- 
haltenen Regeln besteht wohl kein Zweifel.
	        
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