Full text: Geschichte des Königreichs Sachsen mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten culturgeschichtlichen Erscheinungen.

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gegen den Feind geführt zu werden verlangten, denn ihr Anführer 
war nach ihrer Meinung ein Gesandter Gottes. Zu allen Zeiten 
Haben einzelne Menschen den Namen Gottes gemißbraucht, um sich 
zu nützen und andere zu täuschen! — 
Schwer nur konnten sich die Fürsten entschließen, ihr Schwert 
gegen ihre eigenen Unterthanen, zu richten. Um Menschenblut zu 
schonen, wollten sie noch einmal den Weg der Güte einschlagen. 
Zwei Gesandte wurden in das Lager der Bauern entsendet, die ihnen 
Verzeihung anboten, sobald sie die Rädelsführer auslieferten, aber 
man predigte tauben Ohren. Münzer achtete nicht einmal die von 
allen Völkern heilig gehaltene Pflicht, die Abgesandten im Kriege 
unangefochten zu empfangen und unangefochten wieder abziehen zu 
lassen. Der eine Gesandte wurde gefangen genommen und den andern 
ließ er von seinen Bauern umzingeln und ihn mit ihren Lanzen 
todtstechen. Dieser Frevel war zu empörend. Die Nachsicht der Fürsten 
ging zu Ende. Die Schlacht begann. Münzer kommandirte eben- 
falls zum Angriff. Kampflustig drangen die Bauern vorwärts, aber 
ganze Reihen wurden von den feindlichen Kugeln zu Boden gestreckt. 
Anfangs entmuthigte dies die Bauern nicht, belebte sie doch die 
thörichte Hoffnung, ihre gefallenen Kameraden würden gar bald 
wieder aufstehen, mit neuer frischer Kraft in den Reihen erscheinen 
und den Kampf fortsetzen. Ihre Enttäuschung war eine bittere, was 
todt war, blieb todt, und eben so wenig sahen sie, daß ihr Prophet 
die Kugeln in seinem Mantel auffing. Da umklammerte Verzweiflung 
ihr Herz wie ein Alp. In wilder Flucht stoben sie aus einander 
und wer fliehen konnte, floh. Die feindlichen Reiter eilten den 
Fliehenden nach und hieben nieder, wen das Schwert erreichte. 
Einer der ersten, der das Schlachtfeld verließ, war der Lügen- 
prophet Münzer. Von Angst ergriffen, eilte der prahlerische Feldherr 
nach Frankenhausen, versteckte sich hier auf einen Oberboden, kroch in 
ein Bett, band ein großes Tuch um den Kopf und gab sich für einen 
Fieberkranken aus, der von Allem, was vorgefallen war, kein Wort 
wisse. Am andern Tage durchsuchte ein Soldat das Haus und fand 
auf dem Oberboden, wie er anfangs glaubte, einen schweren Kranken. 
Neben der Lagerstätte entdeckte er ganz zufällig verschiedene Papiere, 
die er durchsuchte und die ihn vermuthen ließen, daß der angebliche 
Patient Thomas Münzer sei. Dies war ein wichtiger Fang. 
Augenblicklich nahm er ihn fest und überlieferte ihn den Fürsten. 
Sogleich fällten diese über ihn die mit Recht verdiente Todesstrafe, 
ließen ihn aber nach damaliger Sitte vorher auf die Folter spannen, 
damit er die anderen Rädelsführer, die etwa mit ihm in Verbindung 
ständen, nennen möchte. Münzer gestand nichts, sondern rief in 
seiner Angst nur wiederholt: „O wehl! O weh!“ Da antwortete ihm 
Herzog Georg von Sachsen: „Thomas, thut dir dieses weh, so
	        
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