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Friedrich August vielen von ihnen in diesem Punkte recht kräftig unter
die Arme griff, so konnte er auch auf ihre Stimmen rechnen. Hierzu
kam noch ein dritter Umstand, der unserm Kurfürsten sehr zu Statten
kam. Sein nach Polen gesendeter Bevollmächtigter v. Flemming war
ein äußerst gewandter und kluger Mann, und diesem gelang es sehr
bald, einige der einflußreichsten Polen für sich zu gewinnen.
So stand denn alles recht günstig. Nur ein Hinderniß war noch
zu beseitigen. In Polen konnte nur ein römisch-katholischer König
den Thron besteigen und da trat denn Friedrich August J. in der
Pfingstwoche 1697 in dem Städtchen Baden bei Wien zur katho-
lischen Kirche über. Der Wahltag nahte. Die angewendeten
Mittel wirkten, denn Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen wurde
den 17. Juni 1697 zum König von Polen ausgerufen. Vier Tage
später — den 21. Juni traf die Nachricht von der erfolgten Wahl
in Dresden ein. Jetzt galt es, den neuen Thron sofort in Besitz zu
nehmen, zumal da der französische Prinz und seine Anhänger auch
nach dem 17. Juni noch alles aufboten, ihre Pläne durchzusetzen.
Friedrich August brach sogleich mit 8000 Mann Kerntruppen von
Sachsen auf und überschritt im Juli die polnische Grenze. Da Prinz
Conti seinem Gegner nicht in ähnlicher Weise entgegentreten konnte,
gab er seine Pläne auf und reiste nach Frankreich zurück. Nun
traf man in Krakau die großartigsten Vorbereitungen zur Krönung
des neuen Königs und diese erfolgte den 5. September mit einer
Pracht und Herrlichkeit, die ans Unglaubliche grenzt. So strotzte,
um nur Eins hervorzuheben, der Krönungsmantel von Gold und
Juwelen und kostete über eine Million Thaler (3 Millionen Mark).
Scheinbar war alles vereinigt, um den prachtliebenden Friedrich
August — als König von Polen August II. — zu den glücklichsten
Menschen der Erde zu machen, denn außer seinem so reich gesegneten
Sachsen konnte er über ein Land von 12 000 Quadratmeilen mit
13 Millionen Menschen gebieten; allein es ist nicht alles Gold, was
glänzt. Die neue Krone schimmerte nicht immer im Juwelenglanze,
sie hatte auch ihre Dornen. Kann auch hier nicht von einer ausführlichen
Geschichte Polens die Rede sein, so müssen doch diejenigen Ereignisse
hervorgehoben werden, welche einflußreich auf unser Vaterland ge-
worden sind.
Als die Nachricht von der getroffenen Königswahl in Dresden
einging, wurde zwar ein Dankfest gefeiert, allein mit so recht freudigem
Herzen konnten die Sachsen nicht danken und jubeln, und hätten sie
jetzt schon mit Gewißheit voraussehen können, welch schwere Opfer
das Sachsenland später Polens wegen bringen mußte, so würden
Freude und Traurigkeit noch mehr mit einander gekämpft haben.
Zunächst schmerzte es die Sachsen tief, daß sich ihr Landesvater von
nun an nicht mehr mit ihnen zur evangelisch-lutherischen Kirche