144 Braunschweig.
8 200. 10. Gleichheit vor dem Richter. Alle Landes-
einwohner sind vor dem Richter gleich. Der privilegirte Gerichtsstand
ist und bleibt abgeschafft.
8 201. 11. Rechtsschutz. Niemand darf seinem gesetzlichen
Richter, es sei in bürgerlichen oder strafrechtlichen Fällen, entzogen,
noch sonst an der Betretung und Verfolgung des Rechtsweges vor den
Gerichten gehindert werden. Die Justiz-Collegien dürfen jedoch zu
Verhandlungen und Untersuchungen, welche dem Urtheilsspruche vorher-
gehen, einzelnen Gerichtsmitgliedern oder einem ihnen untergeordneten
Gerichte Aufträge ertheilen; auch kann die Landesregierung in außer-
ordentlichen und dringenden Fällen, wenn die Zahl der gewöhnlichen
Mitglieder des zuständigen Gerichtes nicht ausreicht, dieses durch Mit-
glieder anderer Gerichte verstärken. -
202. 12. Gesetzliche Verfolgung. Jeder Verhaftete
muß binnen 24 Stunden nach seiner Verhaftung verhört, von deren
gesetzlicher Ursache in Kenntniß gesetzt, und im Falle der Fortdauer
dieser Ursache ohne Verzug seinem zuständigen Richter überliefert werden.
Dieser wird dem Antrage des Verhafteten auf Entlassung gegen
genügende Caution Statt geben, dafern nicht dringende Anzeigen eines
schweren peinlichen Verbrechens wider ihn vorliegen.
03. 13. Rechte der Angeschuldigten. Keinem An-
geschuldigten darf das Recht der Beschwerdeführung während der Unter-
suchung, das Recht der Vertheidigung oder der verlangte Richterspruch
versagt werden.
204. 14. Schutz gegen Verlängerung der Haft.
Die Gerichts= und Polizeibehörden des Landes, welchen der verfassungs-
mäßige Schutz der bürgerlichen Freiheit zunächst anvertrauet ist, sind in
den Untersuchungen gegen verhaftete Angeschuldigte dafür verantwortlich,
daß deren Haft nicht länger dauere, als die Erforschung der Verbrechen
und die zu sichernde Anwendung der Strafe erfordert. Besonders wird
den Obergerichten die Pflicht auferlegt, über die Befolgung dieser Vor-
schrift strenge zu wachen und Uebertretungen derselben zu ahnden.
5 205. 15. Vergehen im Auslande. Landes-Einwohner,
welche im Auslande strafbare Handlungen begangen haben, können im
biesigen Staatsgebiete nicht anders zur Untersuchung und Strafe ge-
zogen werden, als insofern jene Handlungen nach gemeinem Deutschen
Criminalrechte mit Strafen bedrohet sind.
Gegen Fremde, welche im Auslande Vergehen begangen haben,
können die hiesigen Gerichte nur verfahren, wenn ein Verbrechen gegen
den hiesigen Staat oder gegen Landes-Einwohner begangen ist, oder
zufolge einer von der Landesregierung erhaltenen Ermächtigung.
4. 16. Auslieferung der Verbrecher. Die Aus-
leserung von Landes-Einwohnern an fremde Regierungen findet nicht
att.
Die Auslieferung von Fremden an auswärtige Regierungen darf
nicht ohne Genehmigung der Landesregierung geschehen.
Diese wird nicht versagt werden, wenn die Auslieferung von einer
Regierung der Staaten des Deutschen Bundes verlangt wird, gegen