Full text: Vorgeschichte des Waffenstillstandes.

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Der Standpunkt der nationalen Ehre ist für uns alle maßgebend. Schon die 
Räumungsbestimmung ist uns sehr schwer gefallen, wir standen aber unter dem Druck 
des Militärs. Dürfen wir aber nur mit Rücksicht auf Ehrestandpunkt Kampf fort- 
setzen, der aussichtslos ist und nur Gegner veranlaßt, uns später noch härtere Bedin- 
gungen aufzuerlegen? 
von Gallwitz: Die Frage, ob wir uns dauernd oder nur noch vorübergehend 
halten können, ist nicht zu beantworten möglich. Er sei aber der Ansicht, daß wir den 
Wiederstand noch eine ganze Weile fortsetzen könnten, könne sich aber nicht auf bestimmte 
Zeit festlegen. Daß der Feind uns infolge des Appells an das Volk und Fortsetzung 
des Kampfes später schlechtere Bedingungen stellen werde, glaube er nicht; er werde uns 
jetzt schon so gering einschätzen, daß er alles verlangen werde. Wir müßten zuhächst die 
nächste Antwort abwarten, dann aber sei es Jeit, zum Entschluß zu kommen. Dann sei 
auch nicht ein Moment zu verlieren, um letzten Appell an Waffengewalt zu richten. Er 
hoffe davon lediglich moralische Wirkung, die Hebung der Stimmung. 
Die Parteien der Regierung müßten jetzt auf die Soldaten einwirken, daß es 
ihre Pflicht sei, jetzt herauszugehen und alles herzugeben. Die Leute dürften nicht als 
unzufriedene Elemente hinausgehen. Die Macht der politischen Führer sei so groß, 
daß sie auf Leute guten Einfluß ausüben könnten. 
von Gallwitz erwidert auf Frage von Payers, daß es zutreffen könne, daß 
2 300 000 Amerikaner in Frankreich seien. Dies seien aber nicht alles Kampftruppen, 
sondern sehr viel gehe auf Hilfstruppen, Eisenbahntruppen usw. ab. Jetzt seien 42 
amerikanische Divisionen mit je 12 überstarken Bataillonen in Frankreich. Das Ver- 
hältnis sei für uns noch ungünstiger, da unsere Divisionen zahlenmäßig sehr geschwächt 
seien. In den Argonnen habe ein Truppenführer das Jahlenverhältnis von uns zu 
den Feinden auf 1: 15 angegeben. Wenn dies auch vielleicht zu hoch sei, so sei 1:6 
jedenfalls richtig. Die Masse allein aber mache es nicht. 
Wenn Österreich alle Bahnen zum Durchmarsch zur Verfügung stelle, dann 
müsse man allerdings die letzten Konsequenzen ziehen, man müsse aber doch erst ab- 
warten, ob Österreich sich so entwürdigen würde. 
von Mann betont, daß wir jederzeit den U-Boot-Krieg wieder aufnehmen 
könnten, tatsächlich sei er jetzt eingestellt. Dies werde die Armee an der Westfront bald 
spüren. Bisher hätten wir jede halbe Stunde 33 Waggons versenkt. Sehr schmerzlich 
sei die Aufgabe des U-Boot-Krieges im Mittelmeer. Wenn weitergekämpft werden 
sollte, dann müßten wir den U-Boot-Krieg wieder aufnehmen. 
von Gallwitz: Auf die Frage Friedbergs über die Stärke der Salonikiarmee 
sei er nicht in der Lage, zahlenmäßige Auskunft zu geben. Sie sei bisher nicht in der 
Lage gewesen, etwas Ernstliches gegen uns zu unternehmen, solange die Bulgaren stand- 
hielten. Jetzt sei sie ein beachtlicher Gegner geworden. 
. von Mudra: Wenn Osterreich bedingungslos kapituliert und sich auf Seite der 
Feinde stellt, dann ist die Sache für uns verloren. Nach der Katastrophe in Ssterreich 
müssen Vorbereitungen für letzte Aktion sofort getroffen werden. 
Friedberg: Wenn man Kampf bis zum letzten Mann durchführt, so besteht 
große Gefahr, daß die Armee nachher zurückflutet. Wir müssen aber einen Teil der 
Armee für die innere Sicherheit intakt halten. 
von Gallwit faßt seine Ansicht noch einmal dahin zusammen, man müsse zu- 
nächst die Antwort Wilsons abwarten, um zu sehen, ob er auf dem jetzigen Standpunkt
	        
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