Nr. 59. 1916. 337
Fahnen begangen ist; im Gegensatz zu jenen Verordnungen betrifft der Ab-
schnitt II der jetzigen Verordnung aber rechtskräftig erkannte Strafen und zwar
muß die Rechtskraft spätestens mit dem Ablauf des 9. April d. J. eingetreten
sein. Dadurch, daß die Rechtskraft erst nach der Einberufung zu den Fahnen
eingetreten ist, wird die Anwendung der Verordnung nicht ausgeschlossen.
3. Ist durch ein und dasselbe Erkenntnis auf mehrere Strafen erkannt
worden, von denen keine die für ihre Strafart in der Verordnung bezeichnete
Höchstgrenze übersteigt, so sind alle Strafen erlassen, z. B. sind 1 Jahr Gefäng-
nis, 6 Wochen Haft und 1000 J¾ Geldstrafe, die durch ein Urteil verhängt sind,
erlassen. Ferner betrifft die Verordnung die durch ein Urteil verhängten Strafen,
die sämtlich innerhalb der Höchstgrenzen liegen, auch dann, wenn auf Grund
eines anderen Urteils noch Strafen zu vollstrecken sind, die die Höchstgrenze über-
steigen; wenn von 2 Urteilen das erste auf 6 Wochen Haft, das zweite auf 1 Jahr
Zuchthaus lautet, so ist die erste Strafe erlassen. Bei Gesamtstrafen ist der
Gesamtbetrag der Strafen entscheidend ohne Rücksicht darauf, ob die Einzel-
strafen durch ein oder mehrere Erkenntnisse festgesetzt sind; wenn jemand durch
ein Urteil zu 9 Monaten Gefängnis, durch ein zweites Urteil zu einer Zusatz-
strafe von 6 Monaten verurteilt ist, so ist nichts erlassen. Ist in einer Ge-
samtstrafe eine Einsatzstrafe enthalten, die von einem nichtmecklenburg-schwe-
rinschen Gericht erkannt worden ist und liegt die Gesamtstrafe innerhalb der
Höchstgrenzen der Verordnung, so ist von der Strafvollstreckungsbehörde zu be-
richten.
4. Da nach den Vorschriften der Verordnung Personen, die wegen Un-
würdigkeit aus dem Heere usw. entfernt werden, von den Gnadenerweisen aus-
geschlossen bleiben sollen, so kann der Erlaß der Strafe erst dann endgültig fest-
gestellt werden, wenn der Verurteilte aufgehört hat, Kriegsteilnehmer zu sein,
ohne daß ein Umstand eingetreten wäre, der ihn von der Wohltat der Verord-
nung ausschlösse. Solange hiernach ungewifß ist, ob der Straferlaß eintritt oder
nicht, ist jede auf Strafvollstreckung gerichtete Handlung unzulässig. Eine Be-
nachrichtigung des Verurteilten und eine Mitteilung an das Strafregister erfolgt
erst nach der Entlassung des Verurteilten von den Fahnen.
Auch soweit hiernach der Straferlaß vorläufig nur bedingt ist, sind
Gnadengesuche, die sich auf die bedingt erlassene Strafe beziehen, als erledigt an-
zusehen. Etwa erforderte Berichte über die Frage nach der Befürwortung
eines Gnadenerweises sind nicht zu erstatten, vielmehr ist nur eine kurze An-
zeige über die Sachlage einzureichen.