Full text: Großherzoglich Sachsen Weimar-Eisenachisches Regierungs-Blatt aufs Jahr 1817. (1)

finden Sr. Koͤnigl. Hoheit vor der Hand nichts 
einzuwenden, Sie hoffen auch daß künftig die Mit- 
glieder des Ober-Appellations= Gerichts, gleich 
den zur Akademie Jena gehörigen Personen, von 
dem getreuen Landtag guniing werden derrachtet 
werden, indem bei Aufbe ung der bei Bestim- 
mung der elatmésigen Besoioungen in Antrag ge- 
brachten, Immunilät von zerfönlichen Abgaben 
eine verhälenigmäáßige Erpôhung 2er Besoldungen 
der Mitglieder des Ober-Appellations-Gerichts 
unvermeidlich seyn würde. 
Weimar, den 10. März 1877. 
Beilagze VU. 
Ihro Königl. Hoheit sind durch den höchsten An- 
trag: daß in Höchst Dero Landen ein neues gemein= 
schaftliches Criminalgesebbuch eingeführt weide, den 
einstimmigen Wünlchen ber getreuen Laudstände entse- 
gennekommen: denn es ist Keiner unter ihnen der 
nicht die dringende Nothwendi.keit erkennt, daß die 
in den verschiedenen Theilen des Grosherzogthums o 
verschieden und mangelhaft bestehende Criminalgesege- 
bung daldmöglichst nach gleichen Grundsätzen Vervoll- 
ständiget werde. Das zur Eiaführung, nach einer 
weitern Bearbeilung und mit einigen für die Gros- 
herzogl. Lande nothwendigen Modlfica- 
tionen, empfohlene kénigl. Baiersche Strafgesetzbuch 
ist den getreuen Landständen, nicht nur nach dem, 
darüber ausgesprochenen, höchsten. Urtheile und dem 
beigefügten gründlichen und überzeugenden Gucachten, 
welches sie mit hoher Achtunz würdigen, sondern auch 
nach der näheren Einsicht des Gesebbuches selbst, s 
weit Zeit und Umstände solche verstatteten, als dasje- 
nige erschienen, welches vor den übrigen neuern Gesetz- 
gebungen und Gesetzesentwürfen dieser Art den Vor- 
zug verdient Sowohl die Geschichte jenes ausgezeich- 
neten Werkes, als auch die Vollstndizkeit desselben 
haben dieses Urthei. begründet, besonders aber der in 
selbigem sestgehaltene Grundsatz: daß der Verdrecher 
nur mit demjenigen Uebel, mit diesem aber auch um 
so gewisser, zu bestrafen sey, welches das Geset selbst 
androht. So streng auch dieser Grundsatz für einzel- 
ne Faͤlle erscheinen koͤnnte, so hat der Landtag doch in 
den weisen Bestimmungen über die Milderungsgründe 
und darm, daß fast bei jeder Strefe der richterlichen 
Beurtheilung überlassen ist, ob der höchste oder niedrig- 
ste Grad der Strafe eintreten soll, endlich aber in dem 
nicht ausgeschtossenen Rechte der Begnadigung des Lan- 
desherrn, eine hinlängliche Sicherheit dagegen erkannt, 
baß ein einzelnor Fall nicht mit zu großer Haͤrte be- 
handelt werde. Im Ganzen haben dagegen die ange- 
droheten Strafen eher zu selind als zu hart geschienen; 
so möckte 3. E. die nordwendicge Sicherheit der öffent- 
lichen Staßen erfordern, daß der Naub in den nie- 
35 
brigeren Graben, wenn er auf öffentlicher Seraße be- 
gangen worden ist, härter bestraft werde, als jenes 
Gesesbuch vorschreibt. « 
Ost-Cahor-beisllerStrafgesebgebunq,undbes 
sondctsnachdemhieraufgestelltenGkundsahhvonst- 
böchslen Wichtiskeit ist, daß Jeder im Staate Gels- 
genheir habe, von der angedroheren Strafe genau un- 
tertichlet zu werden, so hat sich dem Landtage der 
Wunsch aufgedrüngen, d#6 es bei Einführung eines 
neuen Stratgesebbuches, bei dessen einmaliger Promul- 
gation, nicht bewende, sondern für die wiederholte Ein- 
schrfung der gesebten Steafen von Zeit zu Zeit gesorgt, 
und zu dem Ende ein kärzlich zusammengestelltes Ver- 
3eichniß der Verbrechen und der auf slbi#e gesetzten Stra- 
fen, besonders abgedruckt und zu bestimmten Zeiten 
und an bestimmten O.ten öffentlich verlesen werde. 
Bei den Bestimmungen über den Climinalproceß 
kann der Landtag die Aeußerung seiner Freude darüber 
nicht unterdrücken, daß jedes Zwangsmittel, das Ge- 
stäudnit zu erwirken, gänzlich abgeschafft seyn, auch 
der Reinigungs= Eid keine Anwendung mehr finden sos. 
Dagegen erscheint die Beibehaltung der in jenem Ge- 
sebbuche nicht erwähnten besetzten Gerichtsbank durch 
zwei verpflichtete Schöppen bei allen, die Erhebung des 
Thatbestandes bezweckenden, Handlungen des Geriches 
und bei allen Hauptvernehmungen sehr wünschenswerth, 
ja nothwendig. 
Indem die getreuen Landstände boffen, daß diese 
Bemerkungen, bei der weitern Bearbeitung des Gese- 
bes, Berücksichtigung sinden werden, glauben sie die 
Bearbeitung selbst den alsbaldigen Anordnungen Ihre 
Kénigl. Hoheit durch Ernennung einer besondern Com-- 
mission angelegentlichst empfehlen zu müssen, und bit- 
ten um gnädiaste Zustimmung, einen Ausschuß aus 
ihrer Mitte wählen zu darfen, welchem der neue Ger 
setzesentwurf, sodald er den Verhältnissen des Grosher= 
hegthums anpassend, vollendet ist, zur genauern Durch- 
sicht und Prüfuns ohne Weiteres zugefertiget und durch 
bessen Urtheil das Urtheil des nächsten außerordentlichen 
oder ordentlichen Landtags, zum Behuf der endlichen 
Genehmigung beschleunigt werden kann, 
Was demnächst vie Errichtung besonderer Criminal= 
gerichte in denjenigen Theilen des Grosherzogthums be- 
trifft, wo dergleichen noch nicht bestehen, so liegt es 
nicht nur in der Natur der Sache, daß es sehr zweck- 
mahig ist, für diesen wichtigen Theil der Justizpfleye 
eigene Beamte zu bestellen, die diesem besondern Theile 
der Verwaltung ihre Kidfte und ihr Nachdenken aus- 
scließlich widmen und, durch r#alich mehr ausgebildete 
Erfahrung, sowohl die Rechte des Staates, als die 
zweckmäbize Behandlung der Angeschuldigtken sichern, 
auch daß für lebtere in einer allgemeinen Anstalt weit 
besser, als bei einzelnen, ost nur mangelhaft einge-
	        
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