Beylage HHH.
Höchstes Decret
vom löten Januar 1830.
die Abgaben an die Waisenanstal-
ten im Großherzogthume betr.
Als im Jahre 1817. der getreue Land-
tag eine nicht unbedeutende Verwilligung zum
Besten der in dem Großherzogthume beste-
henden Waisenanstalten gemacht und sich dar-
über erklärt hatte, fügte derselbe den Antrag
ey:
„daß eine Zusammenstellung aller fuͤr die
„Waisenanstalten in dem Großherzogthu-
„me bestehenden Abgaben entworfen, daß
„über ihr ferneres gleichmäßiges Fortbeste-
„hen eine gesetzliche Vorschrift abgefaßt
„und daß solche dem getreuen Landtage
„zu seiner Erklärung zugefertiget werden
„mochte.“"“
Diesem, auch durch eine spätere Verwil-
ligung wohl nicht zurück genommenen, An-
trage entsprechend, hat sich die Landes-Direction
mit einer Zusammenstellung beschäftiget und
es wird gegenwärtig dieselbe, nebst einem
dazu erstatteten Berichte, dem getreuen Land-
tage mitgetheilt. Großen Schwierigkeiten
aber möocht' es unterliegen, wenn schon jetzt
eine völlige Gleichheit der den Waisenanstal-
ten gewidmeten Zugänge in allen Theilen des
Großherzogthums hergestellt werden sollte,
und zwar aus folgenden Gründen:
1) die Strafgelder, Diepensations-Gel-
der und Abolitions-Gelder, welche die Gna-
de des Großherzogs, K. H., den Waisen-
anstalten überwiesen hat, hängen mit gesetz-
lichen Geboten und Verboten aus einer Zeit
zusammen, in welcher die verschiedenen Theile
des Großherzogthums verschiedenen Gesetzge-
bungen unterworfen waren. Eine Gleichheit
dieser Zugänge setzt eine Revision mehrerer
Gesetze, insonderheit mehrerer Polizey-Gefetze
voraus.
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2) Wenn den Wassenanstalten in dem
Großherzogthume überall gleiche Zugänge er-
öoffnet worden: so folgt daraus noch nicht
eine gleiche Behandlung der Kreise und Ort-
schaften, vielmehr hier und da das Gegen-
theil. In dem Neustädtischen Kreise z. B.
sollen, in Gemäßheit noch bestehender Gesehze,
bey Erlangung des Meisterrechts, bey Los-
sprechungen und Aufdingen Beyträge zur All-
mosenkasse des Ortes entrichtet werden, des-
gleichen sind dort derselben Kasse bey Kauf-
Kontracten, Tausch-Kontracten u. s. w. Ent-
richtungen zugetheilt. Sollte neben diesen
noch eine Abgabe bestehen, wie sie in dem
Eisenachischen Kreise für die Waisenanstalt
besteht: so würde zwar die Waisenanstalt in
beyden Kreisen gleich berechtiget, aber eben
dadurch ein Kreis vor dem andern belastet
seyn. Dazu kommt
3) daß einerseits, wenn der Waisenan-
stalt, um die Gleichheit herzustellen, einige
Intraden abgesprochen würden, der Ausfall
schwer zu decken wäre, und daß andrerseits
die jetzt bestandenen Bepträge, weil sie in
den meisten Fällen sehr gering sind, und an
den meisten Orten von Alters her bestehen,
kaum gefühlt worden.
Erst, wenn die neue Steuereinrichtung
hergestellt, wenn ein Maßstab für die ge-
rechte Vertheilung ber Staatslasten über-
haupt gefunden ist, wird darüber ein Ent-
schluß gefaßt werden können, ob nicht alle
Abgaben im eigentlichen Sinne, welche zum
Besten der Waisenanstalten angeordnet sind,
z. B. die bedeutende Abgabe der Collateral-
Gelder, die Abgaben von den Gemeinden
im Eisenachischen Kreise, aufgehoben und mit
einer andern vertauscht werden sollen, damit
man dem Grundsatze: in dem Großherzog=
thume bestehen acht Grundsteuern, dann
gleiche indirekte Steuern und endlich gleiche
Einkommenssteuern, auch in dieser Beziehung
treu bleibe.