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II. Seine Konigliche Hoheit, der Großherzog, haben, nach angehör-
tem Gutachten Höchst-Dero Landes-Justiz-Kollegien zu Kapitel XV F. 1 der
Revisions-Instruktion vom Jahre 1726 und zu dem Gesetze vom 12. März
1839, die Beweiskraft der Flurbücher, Kataster und Flurkarten betreffend,
folgende authentische Interpretation zu ertheilen gnadigst geruhet:
1.
Das Gesetz vom 12. März 1839 und die in demselben angeordneten Ediktal-
Ladungen zur Geltendmachung aller mit den Flurbüchern, Katastern und
Flurkarten nicht übereinstimmenden Ansprüche in Beziehung auf Flächengehalt
und Grenzlinien erstrecken sich auch auf die in der vermessenen Flur lie-
genden Besitzungen unserer Kammer und unseres landschaftlichen Fiskus und
auf alle schriftsässige Grundstücke, nicht weniger auf die Umfassungslinien
der an der Grenze der vermessenen Flur liegenden Grundstücke, welche diese
Grundstücke von den Grundstücken einer benachbarten inlandischen Flur oder
von einer Besitzung unseres Kammer-Fiskus trennen, dafern nicht in den
Ediktal-Ladungen selbst eine Einschränkung enthalten ist.
2.
Wenn zwischen den Flurkarten zweier Fluren, in Ansehung derer das im
Gesetze vom 12. März 1839 angeordnete Ediktal-Verfahren Statt gefunden
hat, eine Verschiedenheit rücksichtlich der, beide Fluren von einander tren-
nenden Grenzlinien sich zeigen sollte, so geht die Flurkarte vor, welche zu-
letzt anerkannt oder für anerkannt geachtet worden ist.
3.
Auch gegen den Inhalt derjenigen öffentlichen Flurkarten und Grundbücher,
wegen welcher das in dem Gesetze vom 12. Marz 1839 angeordnete Ediktal-
Verfahren noch nicht durchgeführt worden ist, findet der Besitzstand in An-
sehung des Flächengehaltes und der Grenzen eines Grundstücks nur in soweit
Berücksichtigung, daß der in den Rechten gegründete vorläufige Schutz des
Besitzes gegen eigenmächtige Verletzungen auch hier eintritt.
Es sind vielmehr an den Orten, wo Flurvermessungen auf Veranlassung
der Staatsbehörden vorgenommen worden und darauf gegründete Fundbücher
und Karten vorhanden sind, aber das Ediktal-Verfahren nach dem Gesetze
vom 12. März 1839 noch nicht eingetreten oder doch die Präklusiv-Frist
noch nicht abgelaufen ist, Streitigkeiten über den Flächengehalt und die Grenz-
linien der Grundstücke dennoch zundchst nach dem Inhalte der öffentlichen
Flurkarte und des Fundbuches zu entscheiden.