Full text: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1890. (74)

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Der Zweck ist bei Feststellung der Leichenbefunde überall im Auge zu 
behalten und Alles, was zu seiner Erreichung dient, genau und vollständig zu 
untersuchen. 
2. Die richterliche Leichenschan wird unter Zuziehung eines Arztes, 
die Leichenöffnung im Beisein des Richters von zwei Aerzten vorgenommen. 
Die zuzuziehenden Aerzte sollen in der Regel beamtete Aerzte (Bezirksärzte) 
sein; an der Leichenöffnung muß mindestens ein beamteter Arzt Theil nehmen. 
(§ 87 der St.-P.-O.) 
Beide Aerzte haben während der ganzen Dauer der Leichenöffnung an- 
wesend zu sein. 
Demjenigen Arzte, welcher den Verstorbenen in der dem Tode unmittel- 
bar vorausgegangenen Krankheit behandelt hat, ist die Leichenöffnung nicht zu 
übertragen. Derselbe kann jedoch aufgefordert werden, der Leichenöffnung an- 
zuwohnen, um aus der Krankheitsgeschichte Aufschlüsse zu geben. 
Die Zuziehung eines Arztes kann bei der Leichenschau unterbleiben, 
wenn sie nach dem Ermessen des Richters entbehrlich ist. 
Behufs der Besichtigung oder Oeffnung einer schon beerdigten Leiche ist 
ihre Ausgrabung statthaft. 
§ 3. Leichenschan und Leichenöffnung können vorgenommen werden, 
sobald der Tod festgestellt ist. Fäulniß ist nur dann ein Unterlassungsgrund, 
wenn durch sie die Beweismitel sicher vernichtet sind. 
§ 4. Da das Tageslicht für die Beurtheilung der Farbe der Leichen- 
theile durch keine künstliche Beleuchtung ganz ersetzt werden kann, sind Leichen- 
schau und Leichenöffnung in der Regel am Tage und in genügend hellem 
Raum vorzunehmen. 
Erfolgt die Leichenuntersuchung ausnahmsweise bei künstlichem Licht, so 
ist dies unter Anführung der Gründe in dem Besichtigungsprotokoll ausdrücklich 
zu erwähnen. 
§*§ 5. Da die Beurtheilung der Festigkeit der Leichentheile durch Ge- 
frieren unmöglich wird, sind gefrorene Leichen, wenn irgend thunlich, vor der 
Leichenschau und Leichenöffnung in einer Weise aufzuthauen, welche die Er- 
hebung des Befundes nicht beeinträchtigt. 
§&6. Die Aerzte sind verpflichtet, alle äußeren Umstände zu berücksichtigen, 
deren sachgemäße Beurtheilung zur Beantwortung der Schuldfrage beizutragen 
vermag.
	        
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