Contents: Reichs-Gesetzblatt. 1872. (6)

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§. 76. 
Die Verjährung der Strafverfolgung wegen Fahnenflucht beginnt mit 
dem Tage, an welchem der Fahnenflüchtige, wenn er die Handlung nicht be- 
gangen hätte, seine gesetzliche oder von ihm übernommene Verpflichtung zum 
Dienste erfüllt haben würde. 
§. 77. 
Wer von dem Vorhaben einer Fahnenflucht zu einer Zeit, in welcher deren 
Verhütung möglich ist, glaubhafte Kenntniß erhält und es unterläßt, hiervon 
seinem Vorgesetzten rechtzeitig Anzeige zu machen, ist, wenn die Fahnenflucht be- 
gangen worden, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten und, wenn die Fahnen- 
flucht im Felde begangen worden, mit Freiheitsstrafe von Einem Jahre bis zu 
drei Jahren zu bestrafen. 
§. 78 
Wer einen Anderen zur Fahnenflucht vorsätzlich verleitet oder die Fahnen- 
flucht desselben vorsätzlich befördert, wird, wenn die Fahnenflucht erfolgt ist, mit 
Gefängniß von sechs Monaten bis zu zwei Jahren, im Felde mit Gefängniß 
von fünf bis zu zehn Jahren bestraft; zugleich kann auf Versetzung in die zweite 
Klasse des Soldatenstandes erkannt werden. 
Der Versuch ist strafbar. 
§. 79. 
Ein Gefangener, welcher sich selbst befreit, wird, wenn nicht die härtere 
Strafe der Fahnenflucht verwirkt ist, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten 
bestraft. 
§. 80. 
Ein Offizier, welcher während der Verbüßung des Stubenarrestes eigen- 
mächtig seine Wohnung verläßt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten 
bestraft; zugleich ist auf Dienstentlassung zu erkennen. 
Ein Offizier, welcher während der Verbüßung des Stubenarrestes dem 
Verbot des §. 23 zuwider Besuche annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 
sechs Monaten bestraft; in schweren Fällen ist zugleich auf Dienstentlassung zu 
erkennen. 
Vierter Abschnitt. 
Selbstbeschädigung und Vorschützung von Gebrechen. 
§. 81 
Wer sich vorsätzlich durch Selbstverstümmelung oder auf andere Welse zur 
Erfüllung seiner gesetzlichen oder von ihm übernommenen Verpflichtung zum 
Dienste untauglich macht oder durch einen Anderen untauglich machen läßt, wird 
mit Gefängniß von Einem Jahre bis zu fünf Jahren bestraft; zugleich ist auf 
Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes zu erkennen. 
Wird durch die Handlung die Unfähigkeit zu Arbeiten für militärische 
Zwecke verursacht, so ist die an sich verwirkte Gefängnißstrafe um die Dauer von
	        
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