Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1876. (10)

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§. 90. 
Lebenslängliche Zuchthausstrafe trifft einen Deutschen, welcher vorsätzlich 
während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges 
1) Festungen, Pässe, besetzte Plätze oder andere Vertheidigungsposten, in- 
gleichen Deutsche oder verbündete Truppen oder einzelne Offiziere oder 
Soldaten in feindliche Gewalt bringt; 
2) Festungswerke, Schiffe oder andere Fahrzeuge der Kriegsmarine, Kassen, 
Zeughäuser, Magazine oder andere Vorräthe von Waffen, Schießbedarf 
oder anderen Kriegsbedürfnissen in feindliche Gewalt bringt oder die- 
selben, sowie Brücken und Eisenbahnen zum Vortheile des Feindes 
zerstört oder unbrauchbar macht; 
3) dem Feinde Mannschaften zuführt oder Soldaten des Deutschen oder 
verbündeten Heeres verleitet, zum Feinde überzugehen; 
4) Operationspläne oder Pläne von Festungen oder festen Stellungen 
dem Feinde mittheilt; 
5) dem Feinde als Spion dient oder feindliche Spione aufnimmt, verbirgt 
oder ihnen Beistand leistet, oder 
6) einen Aufstand unter den Deutschen oder verbündeten Truppen erregt. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter 
fünf Jahren ein. 
Nebben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, 
sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden. 
§. 91. 
Gegen Ausländer ist wegen der in den §§. 87, 89, 90 bezeichneten 
Handlungen nach dem Kriegsgebrauche zu verfahren. 
Begehen sie aber solche Handlungen , während sie unter dem Schutze des 
Deutschen Reichs oder eines Bundesstaats sich innerhalb des Bundesgebietes 
aufhalten, so kommen die in den §§. 87, 89 und 90 bestimmten Strafen zur 
Anwendung. 
§. 92. 
Wer vorsätzlich 
1) Staatsgeheimnisse oder Festungspläne, oder solche Urkunden, Aktenstücke 
oder Nachrichten, von denen er weiß, daß ihre Geheimhaltung einer 
anderen Regierung gegenüber für das Wohl des Deutschen Reichs 
oder eines Bundesstaats erforderlich ist, dieser Regierung mittheilt oder 
öffentlich bekannt macht; 
2) zur Gefährdung der Rechte des Deutschen Reichs oder eines Bundes- 
staats im Verhältniß zu einer anderen Regierung die über solche Rechte 
sprechenden Urkunden oder Beweismittel vernichtet, verfälscht oder unter- 
drückt, oder 
Reichs. Gesetzbl. 1876. 12
	        
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