Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

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§. 2169. 
Das Vermächtniß eines bestimmten Gegenstandes ist unwirksam, soweit der 
Gegenstand zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört, es sei denn, daß der 
Gegenstand dem Bedachten auch für den Fall zugewendet sein soll, daß er nicht zur 
Erbschaft gehört. 
Hat der Erblasser nur den Besitz der vermachten Sache, so gilt im Zweifel 
der Besitz als vermacht, es sei denn, daß er dem Bedachten keinen rechtlichen Vor- 
theil gewährt. 
Steht dem Erblasser ein Anspruch auf Leistung des vermachten Gegenstandes 
oder, falls der Gegenstand nach der Anordnung des Vermächtnisses untergegangen 
oder dem Erblasser entzogen worden ist, ein Anspruch auf Ersatz des Werthes zu, 
so gilt im Zweifel der Anspruch als vermacht. 
Zur Erbschaft gehört im Sinne des Abs. 1 ein Gegenstand nicht, wenn der 
Erblasser zu dessen Veräußerung verpflichtet ist. 
§. 2170. 
Ist das Vermächtniß eines Gegenstandes, der zur Zeit des Erbfalls nicht zur 
Erbschaft gehört, nach §. 2169 Abs. 1 wirksam, so hat der Beschwerte den Gegen- 
stand dem Bedachten zu verschaffen. 
Ist der Beschwerte zur Verschaffung außer Stande, so hat er den Werth zu 
entrichten. Ist die Verschaffung nur mit unverhältnißmäßigen Aufwendungen möglich, 
so kann sich der Beschwerte durch Entrichtung des Werthes befreien. 
§. 2171. 
Ein Vermächtniß, das auf eine zur Zeit des Erbfalls unmögliche Leistung 
gerichtet ist oder gegen ein zu dieser Zeit bestehendes gesetzliches Verbot verstößt, ist 
unwirksam. Die Vorschriften des §. 308 finden entsprechende Anwendung. 
§. 2172. 
Die Leistung einer vermachten Sache gilt auch dann als unmöglich, wenn die 
Sache mit einer anderen Sache in solcher Weise verbunden, vermischt oder vermengt 
worden ist, daß nach den §§. 946 bis 948 das Eigenthum an der anderen Sache 
sich auf sie erstreckt oder Miteigenthum eingetreten ist, oder wenn sie in solcher Weise 
verarbeitet oder umgebildet worden ist, daß nach §. 950 derjenige, welcher die neue 
Sache hergestellt hat, Eigenthümer geworden ist. 
Ist die Verbindung, Vermischung oder Vermengung durch einen Anderen als 
den Erblasser erfolgt und hat der Erblasser dadurch Miteigenthum erworben, so gilt 
im Zweifel das Miteigenthum als vermacht; steht dem Erblasser ein Recht zur 
Wegnahme der verbundenen Sache zu, so gilt im Zweifel dieses Recht als vermacht. 
Im Falle der Verarbeitung oder Umbildung durch einen Anderen als den Erblasser 
bewendet es bei der Vorschrift des §. 2169 Abs. 3. 
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