Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1900. (34)

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S. 4. 
Die Anzeige kann mündlich oder schriftlich erstattet werden. Die Polizei- 
behörden haben auf Verlangen Meldekarten für schriftliche Anzeigen unentgeltlich 
zu verabfolgen. 
S. 5. 
Landesrechtliche Bestimmungen, welche eine weitergehende Anzeigepflicht 
begründen, werden durch dieses Gesetz nicht berührt. 
Durch Beschluß des Bundesraths können die Vorschriften über die 
Anzeigepflicht (I§. 1 bis 4) auf andere als die im F. 1 Abs. 1 genannten über- 
tragbaren Krankheiten ausgedehnt werden. 
Ermittelung der Krankheit. 
G. 6. 
Die Polizeibehörde muß, sobald sie von dem Ausbruch oder dem Ver- 
dachte des Auftretens einer der im F. 1 Abs. 1 genannten Krankheiten (gemein- 
gefährliche Krankheiten) Kenntniß erhält, den zuständigen beamteten Arzt 
benachrichtigen. Dieser hat alsdann unverzüglich an Ort und Stelle Ermitte- 
lungen über die Art, den Stand und die Ursache der Krankheit vorzunehmen 
und der Polizeibehörde eine Erklärung darüber abzugeben, ob der Ausbruch der 
Krankheit festgestellt oder der Verdacht des Ausbruchs begründet ist. In Noth= 
fällen kann der beamtete Arzt die Ermittelung auch vornehmen, ohne daß ihm 
eine Nachricht der Polizeibehörde zugegangen ist. 
In Ortschaften mit mehr als 10 000 Einwohnern ist nach den Bestim- 
mungen des Abs. 1 auch dann zu verfahren, wenn Erkrankungs= oder Todesfälle 
in einem räumlich abgegrenzten Theile der Ortschaft, welcher von der Krankheit 
bis dahin verschont geblieben war, vorkommen. 
Die höhere Verwaltungsbehörde kann Ermittelungen über jeden einzelnen 
Krankheits= oder Todesfall anordnen. Solange eine solche Anordnung nicht 
getroffen ist, sind nach der ersten Feststellung der Krankheit von dem beamteten 
Arzte Ermittelungen nur im Einverständnisse mit der unteren Verwaltungs- 
behörde und nur insoweit vorzunehmen, als dies erforderlich ist, um die Aus- 
breitung der Krankheit örtlich und zeitlich zu verfolgen. 
S. 7. 
Dem beamteten Arzte ist, soweit er es zur Feststellung der Krankheit für 
erforderlich und ohne Schädigung des Kranken für zulässig hält, der Zutritt zu 
dem Kranken oder zur Leiche und die Vornahme der zu den Ermittelungen 
über die Krankheit erforderlichen Untersuchungen zu gestatten. Auch kann bei 
Cholera-, Gelbfieber= und Pestverdacht eine Oeffnung der Leiche polizeilich an- 
geordnet werden, insoweit der beamtete Arzt dies zur Feststellung der Krankheit 
für erforderlich hält. 
56°
	        
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