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S. 4.
Die Anzeige kann mündlich oder schriftlich erstattet werden. Die Polizei-
behörden haben auf Verlangen Meldekarten für schriftliche Anzeigen unentgeltlich
zu verabfolgen.
S. 5.
Landesrechtliche Bestimmungen, welche eine weitergehende Anzeigepflicht
begründen, werden durch dieses Gesetz nicht berührt.
Durch Beschluß des Bundesraths können die Vorschriften über die
Anzeigepflicht (I§. 1 bis 4) auf andere als die im F. 1 Abs. 1 genannten über-
tragbaren Krankheiten ausgedehnt werden.
Ermittelung der Krankheit.
G. 6.
Die Polizeibehörde muß, sobald sie von dem Ausbruch oder dem Ver-
dachte des Auftretens einer der im F. 1 Abs. 1 genannten Krankheiten (gemein-
gefährliche Krankheiten) Kenntniß erhält, den zuständigen beamteten Arzt
benachrichtigen. Dieser hat alsdann unverzüglich an Ort und Stelle Ermitte-
lungen über die Art, den Stand und die Ursache der Krankheit vorzunehmen
und der Polizeibehörde eine Erklärung darüber abzugeben, ob der Ausbruch der
Krankheit festgestellt oder der Verdacht des Ausbruchs begründet ist. In Noth=
fällen kann der beamtete Arzt die Ermittelung auch vornehmen, ohne daß ihm
eine Nachricht der Polizeibehörde zugegangen ist.
In Ortschaften mit mehr als 10 000 Einwohnern ist nach den Bestim-
mungen des Abs. 1 auch dann zu verfahren, wenn Erkrankungs= oder Todesfälle
in einem räumlich abgegrenzten Theile der Ortschaft, welcher von der Krankheit
bis dahin verschont geblieben war, vorkommen.
Die höhere Verwaltungsbehörde kann Ermittelungen über jeden einzelnen
Krankheits= oder Todesfall anordnen. Solange eine solche Anordnung nicht
getroffen ist, sind nach der ersten Feststellung der Krankheit von dem beamteten
Arzte Ermittelungen nur im Einverständnisse mit der unteren Verwaltungs-
behörde und nur insoweit vorzunehmen, als dies erforderlich ist, um die Aus-
breitung der Krankheit örtlich und zeitlich zu verfolgen.
S. 7.
Dem beamteten Arzte ist, soweit er es zur Feststellung der Krankheit für
erforderlich und ohne Schädigung des Kranken für zulässig hält, der Zutritt zu
dem Kranken oder zur Leiche und die Vornahme der zu den Ermittelungen
über die Krankheit erforderlichen Untersuchungen zu gestatten. Auch kann bei
Cholera-, Gelbfieber= und Pestverdacht eine Oeffnung der Leiche polizeilich an-
geordnet werden, insoweit der beamtete Arzt dies zur Feststellung der Krankheit
für erforderlich hält.
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