Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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Großbrittannien. 
„Die Meinungsverschiedenheit, welche zwischen uns bestand, betraf die dem 
Gebiete Schir Ali's angewiesene Gränze. Das englische Cabinet schließt in 
dieselben Badackschan und Wakhan ein, welche nach unserer Meinung eine 
gewiss Unabhängigkeit genießen. In Erwägung der Schwierigkeiten, welche 
ei Sammlung der Wachen und aller Einzelheiten in jenen entfernten 
Gegenden erwachsen, in der ferneren Erwägung, daß es der brittischen Regie- 
rung verhältnißmäßig viel leichter wird, Genaues ausfindig zu machen, und 
in Erwägung schließlich und vor allem, daß wir dieser Detailfrage keine 
übermäßige Wichtigkeit beilegen wollen, weigern wir uns nicht, die von Eng- 
land gezogene Gränze anzunehmen. Wir sind umsomehr zu diesem Act der 
Höflichkeit gegen die brittische Regierung geneigt, als sich die englische Re- 
gierung anheischig macht, bei Schir Ali ihren ganzen Einfluß zur Geltung 
zu bringen, auf daß er seine friedliche Haltung bewahre und von allen An- 
riffen und allen Eroberungsversuchen abstehe. Dieser Einfluß ist unbestreit- 
ar. Er basirt nicht nur auf dem materiellen und sittlichen Uebergewicht 
Englands, sondern auch auf den Subsidien, für welche Schir Ali ihm ver- 
pflichtet ist. Da dies der Fall ist, so sehen wir in der Versicherung Eng- 
lands eine wirkliche Garantie für die Erhaltung des Friedens.“ 
Die englische Presse ist von dem Resultat der Unterhandlungen nur sehr 
bedingter Weise befriedigt. Vorerst fragt sie, ob denn eigentlich England 
und Rußland Asien bereits unter sich getheilt hätten, sodann findet fie, daß 
der Vortheil des ganzen neuen Arrangements auf Seite Rußlands sei, wenn 
auch dasselbe scheinbar nachgegeben habe und findet schließlich, daß bez. der 
eigentlichen Frage betr. Chiwa die bloß mündlichen Zusicherungen Schuwa- 
loffs England doch nur eine sehr unsichere Garantie böten. 
13. Febr. In dem von der Regierung gegen eine Reihe katholischer Geist- 
licher wegen gesetzwidriger Beeinflussung einer Parlamentswahl in Gal- 
way (Irland) angestrengten Processe kann sich die Jury über einen Urtheils- 
spruch bezüglich des ersten Angeklagten nicht einigen. Derselbe wird 
deßhalb außer Anklage gesetzt. Dasselbe Resultat ergeben später auch 
die Verhandlungen bez. anderer Angeklagter und so vermag die 
Regierung gegenüber der Jury in Irland nicht zu ihrem Rechte zu 
kommen, obgleich der Proceß die ungesetzlichen Thatsachen außer allen 
Zweifel setzt. 
„ Unterhaus: Gladstone entwickelt seinen Plan einer irischen Univer- 
sitätsreform. 
Der Premier erklärt im Eingang seiner Rede, die Regierung könne einst- 
weilen auf einen andern ebenfalls dringlichen Gegenstand, nämlich die Reform 
der höhern Vorbereitungsschulen in Irland, nicht eingehen, und versichert 
weiterhin: die Vorlage sei in keiner Weise durch ultramontane Einflüsse be- 
rührt worden. Zur Sache selbst übergehend, erwähnt er darauf, daß die 
practische Ausschließung der Katholiken und Presbyterianer in Irland von 
den den Anglicanern gebotenen Vortheilen in der Universitätsbildung eine 
gegründete Beschwerde sei und geht dann mit Hülfe von Statistiken und son- 
stigen Belegen an den Nachweis, daß das Universitätsstudium in Irland in 
Folge dieses Mißstandes den Krebsgang gehe. In dieser Erörterung bei der 
Universität Dublin angekommen, verbreitet er sich über die Geschichte dieser 
Anstalt und leitet aus seinen Auseinandersetzungen den Schluß ab, daß die- 
selbe in ihrer Sonderstellung mit Trinity College, mit dem sie im Laufe der 
Zeit verwachsen, Irlands alte historische Universität vorstelle, und daß in 
ihrem Rahmen die Reformen vorgenommen werden müssen, welche überhaupt 
nöthig seien. Man muß sich hier vergegenwärtigen, daß nach englischer An- 
schauung die Hauptthätigkeit einer Universität in der Prüfung von Candi- 
 
	        
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