Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

548 I. 5. Ende der Kriegszeit. 
Gunsten der deutschen Nordwestgrenze; ganz so tief in rein deutsches 
Land wollte er die Holländer doch nicht hinübergreifen lassen. 
Unterdessen waren die ersten Nachrichten von Blücher's Unglücksfällen 
im großen Hauptquartiere angelangt. Es fehlte nicht an spöttischen Be- 
merkungen: so hatte sich der Vorwitz der kleinen Köpfe des schlesischen 
Heeres doch bestraft; warum wollten sie auch klüger sein als die Weis- 
heit der Duca und Langenau? Stärker als die Schadenfreude war doch 
der Schrecken. In höchster Angst verlangte Metternich die schleunige Be- 
endigung des unglückseligen Krieges; es kam so weit, daß Oesterreich 
geradezu drohte sich von der Coalition loszusagen.“) Und im selben 
Maße wuchs Napoleon's Starrsinn. Alsbald nach seinem ersten Erfolge 
nahm er die an Caulaincourt ertheilte Vollmacht zurück und befahl dem 
Gesandten, auf keine Forderung der Alliirten einzugehen. Mit meinen 
Gefangenen, meinte er trotzig, pflege ich nicht zu unterhandeln. Die Coa- 
lition schien der Auflösung nahe. Die hochmüthige Gönnermiene, welche 
der Czar zur Schau trug, verletzte den österreichischen Stolz. Auch Har- 
denberg gerieth in Unruhe, als er erfuhr, wie die Russen sich in Danzig 
häuslich einrichteten und ihre preußischen Waffengefährten kaum in die 
Stadt einlassen wollten. Nur ein großer Waffenerfolg konnte die ver- 
stimmten Gemüther versöhnen. Schwarzenberg aber war auch jetzt, nach 
der Wiedervereinigung mit Blücher, nicht gewillt seine offenbare Ueber- 
macht zu brauchen; er gab den Gedanken einer Entscheidungsschlacht wieder 
auf und befahl, sicherlich auf das Andringen der österreichischen Diplo- 
maten, den Rückzug nach dem unglückseligen Plateau von Langres. Hef- 
tiger denn je geriethen die beiden Parteien aneinander. Der König sagte 
nach seiner ehrlichen Art dem Oberfeldherrn die härtesten Wahrheiten in's 
Gesicht, der Czar stritt sich lebhaft mit den Lords Aberdeen und Cast- 
lereagh. 
Da kam Rettung durch die schlesischen Helden. Oberst Grolman 
stellte seinem Feldmarschall vor: angeschmiedet an den k. k. Kriegsrath ge- 
lange man doch nimmermehr an's Ziel; wie nun, wenn die schlesische Armee 
sich abermals von dem Hauptheere trennte, nochmals nordwärts an die 
Marne marschirte, dort die Corps von Bülow und Wintzingerode, die aus 
Belgien heranrückten, an sich zöge und also verstärkt geradeswegs gegen 
Paris vorginge? Es war als ob Scharnhorst selber durch den Mund 
seines feurigen Schülers redete; so einfach, groß und kühn erschien der 
Plan. Blücher griff mit Freuden den glücklichen Gedanken auf, schrieb 
sofort an den König und den Czaren, bat sie um Genehmigung des Unter- 
nehmens. Am 25. Februar wurde zu Bar ein großer Kriegsrath ge- 
  
*) Hardenberg's Tagebuch, 15. Februar 1814. Castlereagh's Denkschrift über die 
Niederlande, 28. Jan. 1815. 
*) Hardenberg's Tagebuch, 14. Februar 1814.
	        
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