Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Erster Teil. Bis zum zweiten Pariser Frieden. (24)

742 II. 2. Belle Alliance. 
schreiben, nächsten Tags früh 10 Uhr würden 20,000 Mann des engli— 
schen Heeres bei Quatrebras stehen — was nach den getroffenen Anord— 
nungen rein unmöglich war. Am 16. vor Tagesanbruch verließ er selbst 
das glänzende Ballfest, das die Herzogin von Richmond den englischen 
Offizieren gab, warf sich auf's Pferd und eilte auf der Straße nach Char- 
leroi südwärts bis über Quatrebras hinaus auf die Höhen von Frasnes, 
dicht gegenüber dem linken Flügel der Franzosen. Von dort schrieb er 
um 10½ Uhr früh an Blücher: um 12 Uhr würden seine Reserven in 
Genappe, nur eine halbe Meile hinter Quatrebras eintreffen, die englische 
Reiterei in Nivelles, 1 ½ Meile westlich von Quatrebras. War dies 
richtig, so durfte Blücher mit Sicherheit auf die Unterstützung der Eng- 
länder am Nachmittage zählen. Um 1 Uhr hielten die beiden Feldherren 
auf dem Windmühlenhügel von Bussy, im Rücken der preußischen Auf- 
stellung eine Zusammenkunft, und hier versprach Wellington, daß er Nach- 
mittags in die Schlacht eingreifen, die Franzosen je nach Umständen über 
Marbais oder Frasnes im Rücken oder in der Flanke anfallen werde. 
Mit den Worten „um 4 Uhr werde ich hier sein“ trennte sich der Herzog 
von dem preußischen Feldherrn. 
Im Vertrauen auf diese Zusage beschlossen Blücher und Gneisenau 
die Schlacht anzunehmen. Die beiden Armeecorps von Zieten und Pirch 
standen mit der Front nach Süden auf dem Höhenzuge von Brye und 
weiter vorwärts in dem tiefen feuchten Wiesengrunde des Lignebaches, 
der sich zu den Füßen dieser sanften Bodenerhebung ausdehnt; hier am 
Bache waren die Dörfer St. Amand la Haye rechts und Ligny links 
stark besetzt. Thielmann mit dem dritten Armeecorps traf erst um Mittag 
nach angestrengtem Marsche auf dem Schlachtfelde ein und stellte seine 
Truppen zwischen Sombreffe und Tongrinelle als linken Flügel mit der 
Front nach Westen auf, so daß die Linien des Centrums und des linken 
Flügels fast senkrecht auf einander stießen und die Schlachtstellung einen 
nach Süden geöffneten Haken bildete. Der äußerste rechte Flügel bei 
Wagnelée stand überdies völlig ungedeckt, falls etwa vom Westen her, 
aus der Gegend von Frasnes ein Angriff erfolgte. Nur die bestimmte 
Erwartung, daß Wellington rechtzeitig zur Unterstützung des rechten Flü- 
gels herankommen werde, bewog die preußischen Heerführer, sich in so un- 
vortheilhafter Stellung auf eine Schlacht einzulassen; sie hofften das 
Gefecht den Nachmittag über hinzuhalten, bis gegen Abend 40,000 Mann 
vom englischen Heere die Entscheidung brächten. 
Aber der englische Feldherr konnte sein Wort nicht halten. Er sah sich 
selbst bei Quatrebras mit überlegener Macht angegriffen und hatte dort 
noch um 3 Uhr Nachmittags nur 7000 Mann zur Stelle; dann erst trafen 
neue Zuzüge ein. Erst am späten Abend standen etwas über 30,000 Mann 
bei Quatrebras versammelt, grade genug um den Angriff nothdürftig ab- 
zuschlagen; an die verheißene Unterstützung war also nicht mehr zu denken.
	        
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