Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Zweiter Teil. Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. (25)

134 II. 4. Die Eröffnung des Deutschen Bundestages. 
Schritt zurück und gab durch den Vertrag vom 14. April 1816 Salz- 
burg nebst dem Inrviertel dahin gegen die linksrheinische Pfalz und einige 
noch herrenlose Gebiete im Odenwalde. Die salzburgischen Bayern traten 
sehr ungern unter das Szepter Osterreichs. Aber ein großer Teil des 
Landes war Kammergut, Wohl und Wehe der Bevölkerung hing gänzlich 
von der neuen Landesherrschaft ab, die ihre Macht ohne Härte gebrauchte; 
so geschah es, daß die Aufregung sich nach und nach legte, und die unnatür- 
liche Teennung von den Stammgenossen dem Völkchen bald selbstverständ- 
lich erschien. 
Da der bayrische Staat durch den Tauschvertrag einen Zuwachs von 
85,000 Einwohnern gewonnen hatte, so lag ein Anlaß zu berechtigten 
Beschwerden nicht mehr vor. Gleichwohl vermochte der Münchener Hof 
nicht den ununterbrochenen Gebietszusammenhang zu verschmerzen; er 
forderte, daß ihm in den geheimen Artikeln des Vertrags noch weitere Ent- 
schädigungen zugestanden würden. Metternich aber trug kein Bedenken, 
sich auf Kosten Badens freigebig zu erweisen, weil er voraussah, welchem 
unüberwindlichen Widerstande seine Versprechungen begegnen würden. In 
den geheimen Artikeln ward ausbedungen: die badische Pfalz solle nach 
dem Aussterben der Zähringer Hauptlinie an Bayern zurückfallen; Bayern 
solle ferner, zum Ersatz für die verlorene Kontiguität, so bald als möglich 
den badischen Main-Tauberkreis und, bis diese Abtretung bewirkt sei, von 
Seite Osterreichs eine jährliche Rente von 100,000 fl. erhalten. Also 
abermals ein Schritt frivoler Willkür; und Bayern säumte nicht, seine 
angeblichen Ansprüche mit jedem Mittel zu verfechten. Während sein Ge- 
sandter bei den Frankfurter Gebietsverhandlungen die Auslieferung des 
Main-Tauberkreises als ein unbestreitbares Recht forderte, warb Graf 
Bray um die Gnade des Zaren. Der geängstete badische Hof wehrte sich 
mit den nämlichen Waffen. Minister Berstett eilte hilfesuchend nach London; 
nach Petersburg war schon früher ein Prinz der neuen Nebenlinie, Graf 
Wilhelm von Hochberg gesendet worden. Nachher verdiente sich der brauch- 
barste Mann des badischen Kabinetts, der junge Freiherr v. Blittersdorff 
an der Newa seine diplomatischen Sporen und suchte mit Hilfe der Kaiserin 
Elisabeth den bayrischen Gesandten aus der Gunst Alexanders zu ver- 
drängen. So währte der schimpfliche Wettkampf der beiden deutschen Höfe 
um den Schutz des Auslandes viele Monate hindurch, und Kapodistrias 
rief dem badischen Gesandten verächtlich zu: „Ihr liegt immer vor der 
Tür der großen Mächtel"“) Unterdessen hatte die bayrische Regierung 
ihre Forderungen noch höher gespannt, auf Betrieb des Kronprinzen, der 
den Einzug in das Heidelberger Pfalzgrafenschloß gar nicht erwarten konnte; 
im Februar 1817 verlangte sie von den großen Mächten geradezu die 
Übergabe der badischen Pfalz. 
. —— ——— 
—— — — — 
*) Blittersdorffs Berichte aus Petersburg, 5. Juni ff., 4. September 1818.
	        
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