276 II. 5. Die Wiederherstellung des preußischen Staates.
mand viel danach gefragt; jetzt da die Preußen den Raub zurückbrachten,
veranstalteten beide Städte Freudenfeste. Drei Jahre später legte Kano—
nikus Wallraf durch eine großartige Schenkung den Grund für die Kunst—
sammlungen Kölns. Mit Eifer nahm sich die Regierung der alten Bau—
werke des Landes an; als der König und der Kronprinz zum ersten Male
nach Trier kamen, hielten sie ihren Einzug durch die Porta Nigra, die
soeben wieder frei gelegte Torburg der Cäsaren. Ihr Beispiel wirkte
heilsam auf die Geistlichkeit, und endlich kam die Zeit, da der bisher so
übel berufene rheinische Klerus sich durch Kunstsinn und historische Bil—
dung vor allen seinen deutschen Standesgenossen auszeichnete.
Im Rheintal begannen sofort mächtige Strombauten; der Leinpfad
war unter französischer Herrschaft fast zerstört, das Strombett arg vernach-
lässigt, und es währte noch sechzehn Jahre bis die Rheinschiffer bei Binger-
brück dem Könige ein Denkmal errichteten, weil er die berüchtigte Durchfahrt
durch das Bingerloch auf das Zehnfache hatte erweitern lassen. Etwas besser
hatten die Präfekten für den Wegebau gesorgt; doch ist selbst die wichtigste
Landstraße der Provinz, die Köln-Koblenzer erst durch Preußen vollendet
worden. Von Jahr zu Jahr ward es lebendiger auf dem Hafendamme
am Baienturm zu Köln, wo vor kurzem noch Gras wuchs. Das ver-
armte Köln schickte sich schon an das reiche Straßburg zu überflügeln, in
dem einst so schmutzigen Koblenz sahen die Rheinschiffer jetzt eine lange
Zeile stattlicher Häuser über die neue Festungsmauer aufragen; alle preu-
hischen Städte in den Rheinlanden nahmen rascher zu als die französischen
und die kleinfürstlichen. Der niederrheinische Gewerbefleiß erholte sich so
schnell, daß die Wuppertaler schon im Jahre 1821 ihre rheinisch-west-
indische Kompagnie gründen konnten, und zu diesen altberühmten Industrie-
plätzen trat jetzt ein neuer hinzu: das Kohlenbecken von Saarbrücken.
Die Staatsbergwerke dort förderten im Jahre 1815 mit 500 Arbeitern
1 Mill. Ztr. Kohlen und steigerten ihren Ertrag in kurzer Zeit auf das
Zweifache — zur großen Befriedigung des wackeren Bergmeisters Bleibtren,
der einst zuerst dem Staatskanzler erklärt hatte, wie unentbehrlich dies zu-
kunftsreiche Gebiet für Preußen sei. Dem rheinischen Weinbau war die Ver-
bindung mit dem rebenreichen Frankreich nicht günstig gewesen; jetzt erschloß
sich ihm der große norddeutsche Markt, und sobald die beiden fröhlichen
Weinjahre 18 und 19 den Winzern nach schweren Mißernten wieder Mittel
und Mut verschafft hatten, schritt man überall, vornehmlich an der Mosel,
zum Anbau neuer Reben, so daß das Weinland in manchen Gemeinden
sich verdoppelte und Trevir metropolis jetzt mit besserem Rechte denn
je seinen geistlichen Ehrennamen Baccho gratissima führte.
Eine nahezu hoffnungslose Aufgabe erwuchs der neuen Regierung
aus jener greulichen Waldverwüstung, welche der waldesfrohe Germane
den Welschen unter allen ihren Sünden am wenigsten verzieh. Der
bergische Bauer ballte die Faust, wenn ihm Einer von dem alten Stolze