544 II. 9. Die Karlsbader Beschlüsse.
bis Minister Schuckmann ihm erklärte, daß die Untersuchung gar nichts
ergeben hätte.
Grausamer war Arndts Schicksal. Wer in einem Zeitalter ano-
nymer Publizistik den Mut hat, mit offenem Visier seine politische
Meinung zu verteidigen, kann auf die Dauer einem ungeheuren Hasse
nicht entgehen. Sobald die Bonner Haussuchungen ruchbar wurden,
gerieten die zahllosen Feinde, die sich der Tapfere bei allen Parteien er-
worben hatte, in geschäftige Bewegung, seine Wanderfahrten im Dienst
des Vaterlandes wurden dem Monarchen als Beweise abenteuerlicher
Unstetigkeit verdächtigt, und der König, der noch lange von dem Dasein
eines alle Ordnung der Gesellschaft bedrohenden Geheimbundes fest über-
zeugt blieb, untersagte ihm vorläufig die Fortsetzung seiner Kollegien. Der
Mann, der einst zuerst für die Wiedereroberung des deutschen Flusses
seine Stimme erhoben hatte, empfand es als „eine fürchterliche Ironie“,
daß er hier am befreiten Rheinstrom das Opfer eines außerordentlichen
Gerichtsverfahrens werden mußte. Er schrieb dem Staatskanzler: „als
einen Schelm und Verräter, als einen feigen Knecht, der das Unrecht
Recht nennt, sollen sie mich wahrlich nicht finden.“ Noch zwei Jahr-
zehnte hindurch sollte er unter einer Ungerechtigkeit leiden, die von allen
Sünden dieser Demagogenjagd die häßlichste bleibt. Bald wagte sich der
Spüreifer der Werkzeuge Kamptzs selbst an die Vertrauten des Staats-
kanzlers. Der unaufhaltsame Grano erschien selber am Rhein um
Dorows Papiere zu durchsuchen. Auch Justus Gruner, der tödlich er-
krankt in Wiesbaden Heilung suchte, empfing den Besuch des Spürers
und sah die letzten Tage seines kurzen Lebens durch eine Kränkung ge-
trübt, die den leidenschaftlichen Mann aufs Tiefste empörte.
Daß Hardenberg an alle Märchen der Demagogenjäger geglaubt
haben sollte, scheint undenkbar. Der alte Herr zeigte auch jetzt noch zu-
weilen sein dankbares Herz, unterstützte die Frau des unglücklichen Jahn
dem während seiner langen Haft zwei Kinder starben, und schrieb freund-
schaftlich an Dorow: er möge nur getrost seine Geheimnisse aufdecken
dann werde seine Unschuld schon an den Tag kommen. Doch findet sich
selbst in Hardenbergs vertrauten Briefen kein Wort des Bedauerns oder
des Zweifels, vielmehr eine Menge scharfer Außerungen gegen die Ruch-
losigkeit der Demagogen. Auch er war durch Wittgenstein, den er ja für
seinen treuen Freund ansah, überzeugt worden, er glaubte an eine schwere
Staatsgefahr, wenngleich er nicht jeden Schritt der Verfolger billigen
mochte; und es ist nicht richtig was seine Panegyriker Benzenberg und
B. Constant späterhin behaupteten, daß er sich nur zum Scheine an die
Spitze der reaktionären Partei gestellt habe. Seine Verfassungspläne hielt
er noch immer fest, aber sie konnten nur verwirklicht werden, wenn der
König über die Sicherheit des Staates vollständig beruhigt war.
Die älteren Männer unter den Verfolgten ertrugen ihr Geschick mit