Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Zweiter Teil. Bis zu den Karlsbader Beschlüssen. (25)

Zusammenkunft in Teplitz. 553 
Der gegenwärtige Augenblick, da die revolutionäre Partei das Dasein aller 
Regierungen bedrohe — so sagte die Punktation weiter — müsse benutzt 
werden, um eine engere Verbindung der deutschen Höfe herbeizuführen 
und am Bundestage die Herrschaft der Mehrheit zu sichern. Dazu bedürfe 
es zunächst einer Verabredung über den Art. 13 der Bundesakte, und 
hier folgte eine erstaunliche Zusage, welche für Metternich den Kern der 
Punktation bildete. „Preußen“, hieß es im Art. VII, „ist entschlossen, erst 
nach völlig geregelten inneren Finanz-Verhältnissen den Artikel 13 in 
seinem reinen Begriffe auf seine eigenen Staaten anzuwenden, d. h. zur 
Repräsentation der Nation keine allgemeine, mit der geographischen und 
inneren Gestaltung seines Reiches unverträgliche Volksvertretung einzu— 
führen, sondern seinen Provinzen landständische Verfassungen zu erteilen 
und aus diesen einen Zentral-Ausschuß von Landesrepräsentanten zu bilden.“ 
Dieser Satz enthielt der Sache nach freilich eine gegenseitige Ver— 
pflichtung, da Kaiser Franz unzweifelhaft ebenfalls entschlossen war, keine 
allgemeine Volksvertretung einzuführen; er sagte im Grunde auch nichts 
Neues, denn Hardenberg war längst gewillt, die Verfassung erst nach der 
Vollendung der neuen, dem Abschluß nahen Finanzgesetze zu verkündigen, 
und daß die Landesrepräsentation aus den Provinzialständen hervorgehen 
sollte, war durch die Verordnung vom Mai 1815 ausdrücklich vorge— 
schrieben. Um so schmählicher erschien die Form des Versprechens. Wie 
ein reuiger Sünder, ohne jede förmliche Gegenleistung gab die Monarchie 
Friedrichs des Großen einer fremden Macht eine Zusage über innere 
Angelegenheiten, deren Regelung jeder selbstbewußte Staat sich selbst vor— 
behalten muß; und frohlockend meldete Metternich seinem Kaiser, „das 
Engagement Preußens, keine Volksvertretung zu geben“. Es war die 
schimpflichste Demütigung, welche Hardenberg jemals über Preußen ge— 
bracht hat; die Politik des friedlichen Dualismus bestand jetzt ihre Probe 
und sie erwies sich als die Unterwerfung Preußens unter Osterreichs 
Leitung. Der Staatskanzler unterschrieb, weil er kein anderes Mittel sah 
um sich das erschütterte Vertrauen seines Monarchen zu erhalten, und weil 
das Versprechen, wörtlich genommen, allerdings nichts enthielt, was den 
bisherigen Grundsätzen der preußischen Politik zuwider lief. Beide Teile 
aber hegten bei der Abrede ihre Hintergedanken. Hardenberg verstand unter 
dem Zentral-Ausschuß, wie er bald durch die Tat beweisen sollte, einen 
mächtigen Allgemeinen Landtag; Metternich hingegen dachte, wie schon in 
Aachen, nur an einen kleinen Ausschuß von etwa einundzwanzig Mit— 
gliedern und hoffte insgeheim, selbst dies Schattenbild einer preußischen 
Zentralvertretung, das seinem Kaiser hochbedenklich vorkam, dereinst noch 
zu vereiteln. Preußen hatte sich also die neue Wiener Doktrin, wonach 
der Art. 13 nur Stände, nicht Volksvertreter verheißen sollte, vollständig 
angeeignet. Beide Mächte verpflichteten sich, „den Staaten, welche unter 
dem Namen von Ständen bereits Volksvertretungen eingeführt haben,
	        
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