Zusammenkunft in Teplitz. 553
Der gegenwärtige Augenblick, da die revolutionäre Partei das Dasein aller
Regierungen bedrohe — so sagte die Punktation weiter — müsse benutzt
werden, um eine engere Verbindung der deutschen Höfe herbeizuführen
und am Bundestage die Herrschaft der Mehrheit zu sichern. Dazu bedürfe
es zunächst einer Verabredung über den Art. 13 der Bundesakte, und
hier folgte eine erstaunliche Zusage, welche für Metternich den Kern der
Punktation bildete. „Preußen“, hieß es im Art. VII, „ist entschlossen, erst
nach völlig geregelten inneren Finanz-Verhältnissen den Artikel 13 in
seinem reinen Begriffe auf seine eigenen Staaten anzuwenden, d. h. zur
Repräsentation der Nation keine allgemeine, mit der geographischen und
inneren Gestaltung seines Reiches unverträgliche Volksvertretung einzu—
führen, sondern seinen Provinzen landständische Verfassungen zu erteilen
und aus diesen einen Zentral-Ausschuß von Landesrepräsentanten zu bilden.“
Dieser Satz enthielt der Sache nach freilich eine gegenseitige Ver—
pflichtung, da Kaiser Franz unzweifelhaft ebenfalls entschlossen war, keine
allgemeine Volksvertretung einzuführen; er sagte im Grunde auch nichts
Neues, denn Hardenberg war längst gewillt, die Verfassung erst nach der
Vollendung der neuen, dem Abschluß nahen Finanzgesetze zu verkündigen,
und daß die Landesrepräsentation aus den Provinzialständen hervorgehen
sollte, war durch die Verordnung vom Mai 1815 ausdrücklich vorge—
schrieben. Um so schmählicher erschien die Form des Versprechens. Wie
ein reuiger Sünder, ohne jede förmliche Gegenleistung gab die Monarchie
Friedrichs des Großen einer fremden Macht eine Zusage über innere
Angelegenheiten, deren Regelung jeder selbstbewußte Staat sich selbst vor—
behalten muß; und frohlockend meldete Metternich seinem Kaiser, „das
Engagement Preußens, keine Volksvertretung zu geben“. Es war die
schimpflichste Demütigung, welche Hardenberg jemals über Preußen ge—
bracht hat; die Politik des friedlichen Dualismus bestand jetzt ihre Probe
und sie erwies sich als die Unterwerfung Preußens unter Osterreichs
Leitung. Der Staatskanzler unterschrieb, weil er kein anderes Mittel sah
um sich das erschütterte Vertrauen seines Monarchen zu erhalten, und weil
das Versprechen, wörtlich genommen, allerdings nichts enthielt, was den
bisherigen Grundsätzen der preußischen Politik zuwider lief. Beide Teile
aber hegten bei der Abrede ihre Hintergedanken. Hardenberg verstand unter
dem Zentral-Ausschuß, wie er bald durch die Tat beweisen sollte, einen
mächtigen Allgemeinen Landtag; Metternich hingegen dachte, wie schon in
Aachen, nur an einen kleinen Ausschuß von etwa einundzwanzig Mit—
gliedern und hoffte insgeheim, selbst dies Schattenbild einer preußischen
Zentralvertretung, das seinem Kaiser hochbedenklich vorkam, dereinst noch
zu vereiteln. Preußen hatte sich also die neue Wiener Doktrin, wonach
der Art. 13 nur Stände, nicht Volksvertreter verheißen sollte, vollständig
angeeignet. Beide Mächte verpflichteten sich, „den Staaten, welche unter
dem Namen von Ständen bereits Volksvertretungen eingeführt haben,