150 III. 3. Troppau und Laibach.
Erben seiner Weltherrschaft. Ein Spottbild, das in Süddeutschland
umlief, stellte die drei Monarchen der Ostmächte dar, neben ihnen ein
Thier mit drei Leibern und einem Kopfe; über dem Ungethüm erhob sich
die Gestalt Napoleon's; dazu die Frage: „nun rathe, welchem von uns
Dreien der eine Kopf gehört.“ Als endlich im Sommer 1821 die Nachricht
von dem Ableben des Verbannten nach Europa kam, da übte der Tod
seinen verklärenden Zauber, und Viele, die dem Lebenden geflucht, fühlten
sich erschüttert von der Tragik seines Schicksals. Sogar Papst Pius VII.,
der unter der Roheit des Imperators so schwer gelitten, richtete an die
greise Lätitia Buonaparte einen warmen Trostbrief und bekundete mit
rührenden Worten, wie unauslöschlich das Bild des großen Landsmanns
in die Herzen der Italiener eingegraben war.
Unwillkürlich entsann sich die Welt wieder des kaiserlichen Knaben,
der in Oesterreich aufwuchs, seinem Hause, seinem Vaterlande absichtlich
entfremdet. Auf dem zweiten Pariser Friedenscongresse hatten die Staats-
männer der fünf Mächte sich in dem Wunsche vereinigt, daß der Erbe
Napoleon's, zur Beruhigung der Zukunft Europas, für den geistlichen
Beruf erzogen werden möge. Nun da die Begabung des frühreifen
Kindes sich entfaltete, mußte der Wiener Hof bald einsehen, wie wenig
dieser Feuergeist zum Priester taugte. Jedoch die Absicht, den Stamm
des Imperators aussterben zu lassen, wurde festgehalten, am zähesten
von dem Berliner Cabinet, das sich gegen die Napoleoniden stets ganz
unversöhnlich zeigte. Als Kaiser Franz seinen Enkel zum Herzog von
Reichstadt ernannte, verlieh er die Würde, auf Preußens dringende Vor-
stellungen, ausdrücklich nur dem Prinzen persönlich, nicht seinen Nach-
kommen.) So reifte der Sohn des Weltherrschers zum Manne heran,
mißtrauisch überwacht von den Todfeinden seines Geschlechts. Und welch
eine Rolle spielte in der furchtbaren Tragödie dieses Hauses das flache
Weib, das einst in den vier Jahren cäsarischer Herrlichkeit alle heimischen
Erinnerungen verleugnet und selbst die Muttersprache fast verlernt hattel!
Als wäre nichts geschehen führte Marie Luise in Parma noch bei Leb-
zeiten ihres Gemahls ihr leichtfertiges Wittwenleben, und empört über
die Herzlosigkeit der Oesterreicherin fragte Byron: warum sollen die
Fürsten das Gefühl der Völker schonen, wenn ihre eigenen Gefühle
Possen sind?
Die neue Ordnung der Staatengesellschaft begann schon überall zu
schwanken; der Wiener Congreß hatte den Zweck seiner großen Friedens-
arbeit nur halb erreicht, das Zeitalter der Revolutionen war noch nicht
geschlossen. Ein radicaler Zug ging durch die Welt; die Sünden der
hergestellten alten Gewalten hatten den Schlauch des Aeolus wieder
geöffnet. Darum zog Haller sofort die Sturmglocke und forderte, in jener
*) Weisung an Krusemark, 24. Jan; dessen Berichte, 4., 11. Febr. 1818.