Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Hardenberg in Laibach. 175 
In den ersten Tagen des Januar trafen die Mitglieder des Con— 
gresses in Laibach wieder zusammen. Die liebliche Stadt mitten im 
Kranze der Krainischen Schneeberge, dicht am Eingangsthore des warmen 
Südens gelegen, bot zwar etwas mehr Genüsse als das langweilige 
Troppau; immerhin erschien auch dieser Aufenthalt den verwöhnten Groß- 
städtern als ein harter Frohndienst, und auch die politischen Sorgen, 
welche die letzten Tage in Troppau verdüstert hatten, schwanden nicht so 
bald. Denn mittlerweile, gerade als die Troppauer Versammlung aus- 
einander ging, war eine zweite noch schärfere Depesche Lord Castlereagh's 
an seinen Bruder (vom 16. Dee.) eingelaufen. Der Lord wies darin die 
Grundsätze des Troppauer Protocolls entschieden zurück; er erklärte sich 
„entsetzt bei dem bloßen Gedanken, der großen Allianz in einer förmlichen 
Urkunde den Anspruch auf die Ausübung einer so beispiellosen Gewalt 
zu übertragen", und verwahrte sich feierlich dawider, daß diese Grund- 
sätze „unter irgend welchen denkbaren Umständen“ jemals gegen England 
angewendet werden sollten. Am 19. Januar sendete er noch eine dritte 
Depesche an die Gesandtschaften bei den kleinen Höfen, welche die Troppauer 
Grundsätze als den Gesetzen Englands widersprechend nochmals verwarf; 
das Recht der Einmischung, so schloß sie, lasse sich nur von Fall zu 
Fall erweisen, für einen unmittelbar betheiligten Staat und auf Grund 
besonderer Umstände.) Währenddem erdröhnte das englische Parlament 
von Zornreden wider die große Allianz. Lord Grey und Lord Holland 
bewiesen, wie unversöhnlich ein Fürstenbund, der alle Staaten in ihrem 
inneren Leben meistern wolle, den altenglischen Ueberlieferungen insula- 
rischer Selbständigkeit gegenüberstehe; und unter dem Jubel der Whigs 
rief Mackintosh, nach der Troppauer Verabredung könne es dereinst noch 
dahin kommen, daß Kroaten und Kosaken als europäische Polizeiwache im 
Hyde-Park einzögen. 
Mancher der kleinen Höfe, die in der That guten Grund hatten für 
ihre Selbständigkeit zu zittern, mochte diese Reden mit stillem Behagen 
lesen; aber nur einer, der Stuttgarter, wagte der englischen Regierung 
zu danken, und auch er nur mit behutsamer Umschreibung. Er stellte 
sich an, als ob Castlereagh's Meinung mit den Absichten der Ostmächte 
selbst vollkommen übereinstimme; und nur unter dieser boshaften Voraus- 
setzung erklärte er sein freudiges Einverständniß. König Wilhelm, so 
erwiderte Wintzingerode dem englischen Gesandten, hält sich versichert, „daß 
die Befreier Europas nicht beabsichtigen konnten, den Völkern dieses Welt- 
theils, die sie vom Joche befreit, ein anderes ebenso erniedrigendes Joch 
aufzulegen. Nein, dies hat, nach der festen Ueberzeugung des Königs, 
nicht die Absicht der Troppauer Conferenzen sein können.“ Noch deutlicher 
äußerte sich der König persönlich in Gegenwart des preußischen Gesandten: 
  
*) Castlereagh an Stewart, 16. Dec. 1820; an die Gesandtschaften, 19. Jan. 1821.
	        
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