Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Württembergs Widerspruch. 25 
zenden Salons verbrachte, der in seinen Berichten „die Amönität“ des 
großen Staatsmannes nie genug zu preisen wußte und gelegentlich ein— 
mal die tiefsinnige Sentenz einflocht: „auch hier ist, nach meiner Ansicht, 
der Sonnenuntergang ein sehr interessanter Augenblick.“ Mandelsloh 
wagte nicht den Befehl auszuführen. Erst als Metternich förmlich be— 
antragte, die Beschlüsse der Conferenz in einer Bundes-Supplementarakte 
niederzulegen, erst am 4. März erhob der Württemberger den schüchternen 
Einwand: dann würde wohl die Zustimmung der europäischen Mächte, 
welche die Wiener Congreßakte unterzeichnet, einzuholen sein. Mit Ent— 
rüstung verwahrten sich alle Anwesenden wider diese Ansicht, so daß 
Mandelsloh seine Bemerkung zurücknehmen mußte. Unterdessen hatte er 
aus Stuttgart gemessenen Befehl erhalten, den Antrag Metternich's ent— 
schieden zurückzuweisen, und am 29. März gab er endlich einen Protest 
zu Protokoll, der sich auf die verfassungsmäßigen Rechte des Bundestags 
berief und nochmals an den möglichen Einspruch der Garanten der Con— 
greßakte erinnerte. 
Der Streich war von langer Hand her vorbereitet. Während Man— 
delsloh unter seinen Wiener Genossen Anhänger zu werben versuchte, 
hatte Wintzingerode nach München geschrieben, wo Lerchenfeld eine Zeit 
lang das Unternehmen Württembergs zu unterstützen versuchte. In Frank— 
furt trug Wangenheim bei den Bundesgesandten eine Denkschrift um— 
her, welche eindringlich vor der Gefahr warnte, daß ein neues Organ in 
die Bundesverfassung eingeführt werde; der König selbst reiste nach Weimar, 
um Karl August's Hilfe zu gewinnen und durch seine Schwägerin, die 
Erbgroßherzogin Maria Paulowna auf den Czaren einzuwirken.) Der 
unerwartete Schlag rief in Wien zuerst lebhafte Besorgniß hervor; 
Manche hielten schon die ganze Arbeit für verloren, da die Schlußakte 
nur durch einstimmigen Beschluß angenommen werden konnte. Die beiden 
Großmächte aber beschlossen sofort dem Württemberger mit Ernst ent- 
gegenzutreten. „Man muß“, schrieb Bernstorff, „diesem nach schlecht ver- 
steckten Absichten handelnden Monarchen zeigen, daß er als der öffentlich 
erklärte Feind des ganzen übrigen Deutschlands dastehen würde“; und 
nochmals: „er versucht unseren Verein zu sprengen, das wird zu seiner 
Schande endigen; wir lassen ihm nur die Wahl beizutreten oder als 
Feind aus dem Bunde auszuscheiden, sonst würde Kapodistrias trium- 
phiren!“) 
Und wohl hatte der Preuße Grund zum Unwillen. Nach Allem 
was in diesen Monaten unter Württembergs freiwilliger Mitwirkung 
  
*) Zastrow's Bericht, 29. März; Goltz's Bericht, 25. April; Bernstorff's Bericht, 
9. April 1820. 
**) Bernstorff's Bericht, 27. März; Bernstorff an Ancillon, 27. März, an Harden- 
berg, 27. März 1820.
	        
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