Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Ergebniß der Conferenzen. 29 
gegnet; er wußte, daß er die Unwahrheit sagte, als er seinem Kaiser am 
17. Mai ganz in dem hochmüthigen Karlsbader Tone schrieb: „Ein Wort 
von Oesterreich gesprochen wird in ganz Deutschland unverbrüchliches Gesetz 
sein. Nun erst werden die Karlsbader Maßregeln in ihr wahres Leben 
treten.“ Immerhin hatte er Grund, seine Erfolge nicht völlig ungenügend 
zu finden. Wie dies alte Oesterreich dastand, scheinbar so mächtig und 
beneidenswerth, und doch fast erliegend unter der unmöglichen Aufgabe 
Deutschland, Italien, Ungarn zu beherrschen, mußte die Hofburg schon 
zufrieden sein, wenn der Deutsche Bund gemächlich in dem alten Geleise 
weiter fuhr. Durch sein herrisches Gebahren in Karlsbad hatte Metter— 
nich die kleinen Höfe nur erschreckt, seine zuvorkommende Versöhnlichkeit 
in Wien gewann ihm ein Vertrauen, das ungleich werthvoller war; und 
eben jetzt, da die Revolution in Südeuropa ausbrach, mußte jeder Zwist 
in Deutschland verhindert werden. Positive Pläne für unsere nationale 
Wohlfahrt konnte er, nach seiner Natur wie nach seiner Stellung als öster— 
reichischer Staatsmann, niemals hegen. Genug also, daß das Frankfurter 
Mühlrad wie einst das Regensburger mit regelmäßigem Geklapper fort 
arbeitete; ob dabei auch Korn gemahlen wurde, kam für ihn nicht in 
Betracht. Es war ihm Ernst, als er einem Vertrauten schrieb, die 
Conferenz habe eine ungeheuere Arbeit in sehr kurzer Zeit vollendet; 
hatte er doch wirklich mit rastlosem Fleiße Vorträge gehalten und Artikel 
geschmiedet und selbst durch den Tod einer Tochter, der ihn tief ergriff, 
sich in seinem Eifer nicht stören lassen. Die Nichtigkeit dieses leeren Para- 
graphenwerks kam ihm gar nicht zum Bewußtsein. 
Die Nation befand sich nach den Conferenzen nicht besser und nicht 
schlechter denn zuvor und nahm die Schlußakte sehr gleichgiltig entgegen. 
Der schon in der Anlage verfehlte Bau der Bundesverfassung war für 
den Abbruch reif; einige wohlgemeinte Nachbesserungen konnten ihn nicht 
festigen. Aber wie lange noch, bis dies wieder ganz im Particularismus 
versinkende Geschlecht erkannte, daß die von Ancillon gerühmte „Verein- 
barung zwischen der Kraft des Ganzen und der Souveränität eines jeden 
Staates“ nichts anderes war als die Quadratur des Cirkels! — 
  
Die Hauptverhandlung der Conferenzen endete mit einem farblosen 
Compromiß, das ohne tiefe Nachwirkung blieb. Weit folgenreicher wurde 
eine Episode der Wiener Berathungen: der Kampf um das preußische 
Zollgesetz. Als Hardenberg seine Weisungen an Bernstorff ertheilte, 
schärfte er ihm noch einmal ein, daß ein Bundeszollwesen bei dem gegen- 
wärtigen Zustande der deutschen Staaten unmöglich sei. Sodann wieder- 
holte er ihm wörtlich, was er gleichzeitig den Abgesandten des List'schen 
Handelsvereins antwortete und durch die Staatszeitung veröffentlichen
	        
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