Vereinfachung der Verwaltung. 419
Thron. Die altständische Partei und mehrere der Oberpräsidenten kamen
wieder auf ihren alten Lieblingsplan, auf die Provinzialminister zurück,
weil oder obgleich der greise Staatskanzler noch kurz vor seinem Tode
dringend vor dieser Verstärkung des Particularismus gewarnt hatte.)
Von den Rheinländern und einzelnen strammen Bureaukraten ward die
Einführung des Präfektursystems empfohlen, und der unglückliche Vorschlag
gewann einmal sogar auf kurze Zeit die Mehrheit im Ministerrathe, weil
man um jeden Preis sparen wollte. Die Frage, wie die Einheit des Staats-
willens neben der freien Bewegung der Theile bestehen solle, schien in
den verwickelten Verhältnissen Preußens so schwierig, daß selbst erfahrene
und einsichtige Staatsmänner in ihrem Urtheil schwankten. Motz, der
neue Oberpräsident von Sachsen, wollte den Schwerpunkt der Verwaltung
in die Provinzialinstanz verlegen und an die Spitze jeder Provinz ein
großes Regierungscollegium stellen, das nur ausführende, abhängige Mittel-
behörden unter sich hätte.*) Er erkannte jedoch bald, daß die Größe der
preußischen Provinzen diesen geistreichen Gedanken unausführbar machte,
und schlug nunmehr vor, die Oberpräsidenten sollten drei Monate im
Jahre zu Berlin leben, um die Bezirksregierungen mit der Central=
verwaltung im Einklang zu erhalten; so ließen sich die Vorzüge der Fach-
ministerien mit denen der Provinzialminister vereinigen.)
Alle diese Vorschläge wurden verworfen. Die Wiedereinführung der
Provinzialminister erschien jetzt, nach der Errichtung der Provinzialstände
schlechthin gefährlich für die Staatseinheit. Die Härte des Präfektursystems
aber war dem Könige von Haus aus widerwärtig, und wie er dachte das
Volk in den alten Provinzen; hier war die altgewohnte collegialische Verwal-
tung der Regierungen sehr tief eingewurzelt, außer den Landräthen konnten
Einzelbeamte hier niemals auf das öffentliche Vertrauen zählen. Auf den
Vorschlag der Commission befahl der König am 31. August 1824, daß die
neue Verwaltungsordnung im Wesentlichen unverändert bleiben sollte; )
nur die Oberpräsidenten erhielten durch eine neue Instruktion (31. Dee.)
abermals erweiterte Befugnisse. Im Einzelnen dagegen wurde rücksichts-
los und nicht ohne Härte aufgeräumt. Die Oberpräsidenten hatten fortan
neben ihrem Amte auch den Vorsitz in dem Regierungscollegium der
Provinzialhauptstadt zu führen; die Stellen der Vizepräsidenten und der
Direktoren in den Regierungen fielen hinweg, desgleichen eine lange Reihe
niederer Aemter. Friedr. Schöll und einige Andere von Hardenberg's
*) Hardenberg, P. M. über die Verbesserung der jetzigen Organisation der Mini-
sterien und Provinzialbehörden, Sept. 1822.
*“) (Daniels) F. C. A. v. Motz. Eine Biographie. Erfurt. 1833. S. 187.
* .) Motz, Denkschrift über die Vereinfachung der Verwaltung, Magdeburg 9. Okt.
1823, der Immediat-Commission eingereicht.
)DHauptbericht der Commission, 4. Juli; Cabinetsordre vom 31. Aug.; Wei-
sungen des Königs an Klewitz, Schuckmann, Altenstein, 31. Aug. 1824.
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