Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Vereinfachung der Verwaltung. 419 
Thron. Die altständische Partei und mehrere der Oberpräsidenten kamen 
wieder auf ihren alten Lieblingsplan, auf die Provinzialminister zurück, 
weil oder obgleich der greise Staatskanzler noch kurz vor seinem Tode 
dringend vor dieser Verstärkung des Particularismus gewarnt hatte.) 
Von den Rheinländern und einzelnen strammen Bureaukraten ward die 
Einführung des Präfektursystems empfohlen, und der unglückliche Vorschlag 
gewann einmal sogar auf kurze Zeit die Mehrheit im Ministerrathe, weil 
man um jeden Preis sparen wollte. Die Frage, wie die Einheit des Staats- 
willens neben der freien Bewegung der Theile bestehen solle, schien in 
den verwickelten Verhältnissen Preußens so schwierig, daß selbst erfahrene 
und einsichtige Staatsmänner in ihrem Urtheil schwankten. Motz, der 
neue Oberpräsident von Sachsen, wollte den Schwerpunkt der Verwaltung 
in die Provinzialinstanz verlegen und an die Spitze jeder Provinz ein 
großes Regierungscollegium stellen, das nur ausführende, abhängige Mittel- 
behörden unter sich hätte.*) Er erkannte jedoch bald, daß die Größe der 
preußischen Provinzen diesen geistreichen Gedanken unausführbar machte, 
und schlug nunmehr vor, die Oberpräsidenten sollten drei Monate im 
Jahre zu Berlin leben, um die Bezirksregierungen mit der Central= 
verwaltung im Einklang zu erhalten; so ließen sich die Vorzüge der Fach- 
ministerien mit denen der Provinzialminister vereinigen.) 
Alle diese Vorschläge wurden verworfen. Die Wiedereinführung der 
Provinzialminister erschien jetzt, nach der Errichtung der Provinzialstände 
schlechthin gefährlich für die Staatseinheit. Die Härte des Präfektursystems 
aber war dem Könige von Haus aus widerwärtig, und wie er dachte das 
Volk in den alten Provinzen; hier war die altgewohnte collegialische Verwal- 
tung der Regierungen sehr tief eingewurzelt, außer den Landräthen konnten 
Einzelbeamte hier niemals auf das öffentliche Vertrauen zählen. Auf den 
Vorschlag der Commission befahl der König am 31. August 1824, daß die 
neue Verwaltungsordnung im Wesentlichen unverändert bleiben sollte; ) 
nur die Oberpräsidenten erhielten durch eine neue Instruktion (31. Dee.) 
abermals erweiterte Befugnisse. Im Einzelnen dagegen wurde rücksichts- 
los und nicht ohne Härte aufgeräumt. Die Oberpräsidenten hatten fortan 
neben ihrem Amte auch den Vorsitz in dem Regierungscollegium der 
Provinzialhauptstadt zu führen; die Stellen der Vizepräsidenten und der 
Direktoren in den Regierungen fielen hinweg, desgleichen eine lange Reihe 
niederer Aemter. Friedr. Schöll und einige Andere von Hardenberg's 
  
*) Hardenberg, P. M. über die Verbesserung der jetzigen Organisation der Mini- 
sterien und Provinzialbehörden, Sept. 1822. 
*“) (Daniels) F. C. A. v. Motz. Eine Biographie. Erfurt. 1833. S. 187. 
* .) Motz, Denkschrift über die Vereinfachung der Verwaltung, Magdeburg 9. Okt. 
1823, der Immediat-Commission eingereicht. 
)DHauptbericht der Commission, 4. Juli; Cabinetsordre vom 31. Aug.; Wei- 
sungen des Königs an Klewitz, Schuckmann, Altenstein, 31. Aug. 1824. 
27 *
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.