Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

466 III. 6. Preußische Zustände nach Hardenberg's Tod. 
zehnt nach dem Erlaß des Zollgesetzes konnte Geheimrath Ferber seine 
„Beiträge zur Kenntniß der preußischen Monarchie" herausgeben, die auf 
allen Gebieten der Erzeugung und Verzehrung ein stetig anhaltendes 
Steigen nachwiesen. Die skeptische Statistik unserer Tage ist freilich über 
manche rosige Schilderung, welche einst Ferber und nach ihm Dieterici 
entwarfen, längst zur Tagesordnung übergegangen. Die glänzenden Zahlen, 
welche die Vermehrung des Consums von Fleisch und Getreide zeigen 
sollten, entbehrten offenbar der Beweiskraft, da man den Umfang der 
landwirthschaftlichen Produktion nicht mit voller Sicherheit kannte. Etwas 
sicherer ließ sich die anhaltende Besserung an der Consumtion der Colonial-= 
waaren nachweisen: so wurden an Kaffee im Jahre 1804 nur 0),75 Pfd., 
1822 bereits 1,2 und 1838 schon 2,00 Pfd. auf den Kopf der Bevölkerung 
verzehrt, wobei allerdings die Verringerung des Schmuggels mit in Anschlag 
kam. Auch die Verzehrung des Tabaks stieg beträchtlich; seit 1820 etwa 
begann der leichtfertige „Cigarro“ immer zuversichtlicher neben der ehren- 
festen Pfeife aufzutreten. Die Dichtigkeit der Bevölkerung auf der Geviert- 
meile wuchs in den Jahren 1816—31 von 2006 auf 2521 Köpfe. 
Nach einer annähernd richtigen Schätzung betrug der Gesammtwerth 
der Ein-, Aus= und Durchfuhr im Jahre 1796 gegen 105 Mill. Thaler, 
im Jahre 1828 die Einfuhr allein 106, die Ausfuhr 85, die Durchfuhr 
104 Mill. Thaler. Die Zahl der Handeltreibenden stieg in den ersten 
sechs Jahren nach dem Erscheinen des Zollgesetzes von etwa siebzig= auf 
zweiundachtzigtausend; die Gewerbesteuer brachte 1824 einen Ertrag von 
1,6 Mill., 1830 schon 21 Mill. Thlr. Einzelne große Industrieplätze, 
vornehmlich Berlin, Aachen, Elberfeld und Barmen, nahmen einen über- 
raschenden Aufschwung, weniger in Folge des Zollschutzes, als vielmehr, 
weil ihren Produkten ein weites freies Marktgebiet eröffnet war. Die 
Einfuhr der zur Verarbeitung bestimmten Baumwollengarne stieg in sieben 
Jahren (1823.—29) von 51,000 auf fast 112,000 Ctr. Die Summe der 
auf den preußischen Messen umgesetzten ausländischen Waaren verdoppelte 
sich im Laufe der zwanziger Jahre. Vielverheißend war vor Allem der 
Aufschwung des Bergbaus; die Steinkohlenabfuhr bei Ruhrort bewältigte 
im Jahre 1831 schon 5½ Mill. Ctr., mehr denn doppelt so viel als in 
dem ersten Friedensjahre. Auch das bisher den Deutschen noch fast unbe- 
kannte Gewerbe der Maschinenbauer fing an sich in Preußen einzubürgern. 
Um die Mitte der zwanziger Jahre siedelte James Cockerill aus der 
Wunderschöpfung seines Vaters, den Werken von Seraing, nach Aachen über 
und suchte die Erfindungen der englischen Maschinenfabrikation auf dem 
deutschen Markte zu verwerthen. In Berlin beschäftigten die Maschinen- 
fabriken von Hummel, Freund, Egells (1830) etwa 500 Arbeiter. Den 
besten Kunden für ihre Dampfmaschinen fanden sie vorerst noch an der könig- 
lichen Bergwerks= und Kanalverwaltung; die Privatindustrie bediente sich 
des Dampfes fast nur in den Spinnereien, seit Kurzem auch in den neuen
	        
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