Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

596 III. 7. Altständisches Stillleben in Norddeutschland. 
Mit unbeirrtem Vertrauen waren die treuen deutschen Ritter und 
Gelehrten bisher der Staatskunst ihres Königs gefolgt; nur widerstrebend 
entschlossen sie sich, da berechnende Feindseligkeit zu erkennen, wo sie nur 
einzelne Mißgriffe eines wohlmeinenden Monarchen gesehen hatten. Mitten 
im Streite schrieb Falck arglos: von der Danisirung der Herzogthümer, 
worüber das Ausland klagt, ist uns im Inlande nichts bekannt, hat doch 
unser König seine Tochter in deutscher Sprache confirmiren lassen. Und 
selbst Dahlmann, der minder Vertrauensvolle, versicherte noch, es sei nie 
daran gedacht worden, Schleswig der absoluten Gewalt des Königsgesetzes 
zu unterwerfen. Als aber jetzt, nur zwei Tage nach der Bestätigung der 
Privilegien, eine Commission nach Kopenhagen berufen wurde um eine 
neue Verfassung für Holstein allein zu entwerfen, da begann man doch 
ernstlich besorgt zu werden. Dänemark hatte in einem Athem das Recht 
des Landes anerkannt und dessen Grundlage, die Untheilbarkeit der Herzog— 
thümer, in Frage gestellt. In einer drängenden Vorstellung sprach Dahl— 
mann Namens der Ritterschaft die Erwartung aus, der König werde „keine 
Trennung beschließen, wo weder Trennung nützlich sei noch ohne Ver— 
letzung heiliger Verhältnisse bewirkt werden könne“. Und nunmehr ward 
es auch im Volke lebendig. Das Land hatte für die vergilbten Perga— 
mente seiner Ritterschaft sich nicht erwärmen können, aber sobald der alte 
Kernsatz „Up ewig ungedeelt“ bedroht schien, sendeten alle Städte Schles— 
wigs und auch ein großer Theil der holsteinischen ernste Verwahrungen 
nach Kopenhagen. 
Tief und allgemein war die Erregung allerdings nicht. Der Kampf 
um ein vergessenes altes Recht, dessen vollständige Wiederbelebung die 
Ritterschaft selber nicht wünschte, konnte dem Volke nicht verständlich sein, 
und so lange nur unsichere Gerüchte umliefen, glaubte die Masse auch 
nicht recht an eine Gefährdung der Einheit des Landes. Mancher Liberale 
spottete der Privilegien des Adels; A. v. Hennings, derselbe der einst in 
seinem Genius der Zeit die französische Revolution mit Freuden begrüßt 
hatte, erklärte sich offen gegen die Ritterschaft. Auch Niebuhr, der größte 
Sohn des Landes, hielt diesen verzwickten und verworrenen Rechtsstreit 
für aussichtslos. Immerhin genügten die Petitionen um den Hof zu 
beunruhigen. Die bereits vollendete neue holsteinische Verfassung, die, 
wie billig, den gefährlichen Professoren die Wählbarkeit für den Landtag 
absprach, ward in der Stille zurückgelegt, aber auch die alten Stände 
wurden nicht einberufen. Ein Versuch der Grundbesitzer, sich zur Ver- 
weigerung der widerrechtlichen Abgaben zu vereinigen, wurde streng unter- 
sagt; Dragoner trieben auf den Gütern die Steuern ein. Jahr um Jahr 
verstrich. Da endlich protestirte die Ritterschaft förmlich, und Dahlmann 
gab seine Urkundliche Darstellung des Steuerbewilligungsrechts der schleswig- 
holsteinischen Stände heraus. Auf neue Proteste, Bitten, Vorstellungen 
erfolgte als Antwort nur die Drohung, der König werde die Deputation
	        
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