Schmalz und sein Rother Adlerorden. 753
bemerkt, welcher sich bei dem Streit der Meinungen über die Existenz geheimer Ver—
bindungen in Unseren Staaten äußert. Als das Vaterland durch Unglücksfälle hart
betroffen, in großer Gefahr war, haben Wir Selbst den sittlich-wissenschaftlichen Verein
genehmigt, weil Wir ihn als ein Beförderungsmittel des Patriotismus und derjenigen
Eigenschaften ansahen, welche die Gemüther im Unglück erheben und ihnen Muth geben
konnten, es zu überwinden. Wir fanden aber in den Uns zur Bestätigung vorgelegten
Entwürfen einer Verfassungsurkunde jenes Vereins, sowie in der damaligen politischen
Lage des Staates Gründe, ihn aufzuheben und den Druck aller Discussionen über den-
selben zu untersagen. Seitdem haben dieselben Grundsätze und Gesinnungen, welche
die erste Stiftung desselben veranlaßten, nicht bloß eine Anzahl der vorigen Mitglieder
desselben, sondern die Mehrheit Unseres Volkes beseelt, woraus unter der Hülfe des
Höchsten die Rettung des Vaterlandes und die großen und schönen Thaten hervorgegangen
sind, durch welche sie bewirkt wurde, und jetzt, — wo der Frieden allenthalben hergestellt
ist und jeden Staatsbürger nur ein Geist beleben, jeder nur einen Zweck haben muß:
durch einträchtiges pflichtmäßiges Bestreben den sich so herrlich bewährten Nationalsinn
zu bewahren und den Gesetzen gemäß zu leben, damit die Wohlthat des Friedens Allen
gesichert bleibe, und der Wohlstand Aller, welcher Unser unverrücktes Ziel ist, bis zur
möglichsten Vollkommenheit gebracht werde — jetzt können geheime Verbindungen nur
schädlich und diesem Ziele entgegenwirken.“
Hierauf werden die bekannten Vorschriften des Allgemeinen Landrechts (Th. 2,
Tit. 20) und des Edicts vom 20. Oktober 1798 über die geheimen Verbindungen
wieder in Erinnerung gebracht. Zum Schluß heißt es: „Bei diesen gesetzlichen Ver-
fügungen wird der in öffentlichen Druckschriften geführte Streit über die Existenz geheimer
Gesellschaften und über ihre Zwecke, unnütz, beunruhigt Unsere getreuen Unterthanen
und nährt einen schädlichen Parteigeist. Wir wollen und verordnen also:
daß von nun an, bei namhafter Geld= oder Leibesstrafe von Niemand in Unseren
Staaten etwas darüber gedruckt oder verlegt werde."
Nun frage ich: ist das die Sprache eines Monarchen, der für den Denuncianten
Partei nimmt? Wer sich in die patriarchalischen Anschauungen der absoluten Monarchie
zurückversetzt, wird zugestehen, daß der König nicht anders handeln durfte. Er mußte
einen Streit beendigen, der den öffentlichen Frieden störte, der auf der einen Seite
giftige Verleumdungen hervorrief, auf der anderen die ebenso unwahre Behauptung, daß
die Preußen sich für die künftige Verfassung geschlagen hätten. Irgend eine Verfolgung
oder Untersuchung ist aus jener königlichen Verordnung bis zum Jahre 1819 nicht her-
vorgegangen. Die Politik des Königs war bis zu diesem Jahre nicht reaktionär; in
allen den großen Geschäften, welche damals an ihn herantraten, entschied er sich regel-
mäßig für die Sache der Reform, und bei der Besitzergreifung der neuen Provinzen
sprach er mehrmals feierlich aus, daß er, ausschließlich mit der Zukunft des Staates
beschäftigt, alles Vergangene als abgethan betrachte. Im Stillen hegte er einen Arg-
wohn, der durch Metternich und Wittgenstein einerseits, durch die Burschen und die
Presse andererseits genährt wurde; aber erst nach Kotzebue's Ermordung erfolgte der
Umschwung.
Neuerdings habe ich noch einige Actenstücke aufgefunden, welche das oben Gesagte
bestätigen. Im August 1815 stellten die Berliner Stadtverordneten den allerdings un-
gehörigen Antrag, daß die Bürger= und Schützencompagnien, welche während der Ab-
wesenheit des Heeres den Wachdienst in der Hauptstadt besorgten, nicht mehr, wie die
Verordnung vom 17. Juli 1813 vorschrieb, von ihrem Commandanten und dem Polizei-
präsidenten allein befehligt, sondern der Aufsicht des Magistrats unterstellt werden sollten.
Der Polizeipräsident v. Le Coq berichtete darüber nach Paris (Polizeirapport vom 12.
bis 18. August) und äußerte sich sehr scharf über den durch dreiste Schriften gesteigerten
Geist der Opposition. Darauf befahl der König dem Staatskanzler (C.-O. v. 1. Sept.
1815) Aufmerksamkeit auf den um sich greifenden Parteigeist und sprach: „Ich vertraue
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. III. 48