Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

280 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten. 
Rede die Freiheitsfarben der alten Burschenschaft verherrlichte, erklärte 
Jordan die Bundesbeschlüsse für ungültig und forderte, daß die Minister 
angeklagt werden sollten. Das war es, was der Kurprinz wünschte. Am 
26. Juli wurde der Landtag aufgelöst, und Heinrich von Arnim, der auf 
der Durchreise dieser Schlußsitzung beiwohnte, berichtete schaudernd, welche 
entsetzliche Drohungen die schnurrbärtigen, mit schwarzrotgoldenen Bändern 
geschmückten Männer droben auf der Galerie ausgestoßen hätten.) Das 
Land blieb indessen ruhig. Jordan aber, der Vater der Verfassung, fiel nun- 
mehr selber in das Fangeisen, das er früherhin versorglich der monarchischen 
Gewalt gestellt hatte. Um der Regierung die Auflösung der Landstände zu 
erschweren, hatte er einst die Vorschrift durchgesetzt, daß der Landtag am 
Schlusse jeder Tagung den ständischen Ausschuß mit Weisungen versehen 
müsse.“) Jetzt ward der Landtag plötzlich aufgelöst, bevor er diese Wei- 
sungen erteilen konnte, und als der Ausschuß alsbald versuchte, nach- 
träglich gegen die Bundesbeschlüsse zu protestieren, da erwiderte ihm Hassen- 
pflug höhnisch, aber mit unbestreitbarem Rechte: der Ausschuß hat keine 
ständische Instruktion erhalten, ist also nach der Verfassung nicht befugt, 
irgendeinen rechtsgültigen Beschluß zu fassen. So hatte der gewandte 
Taschenspieler den Landtag und seinen Ausschuß zugleich entwaffnet. 
Jedermann fühlte, unter dieser Regierung werde das hessische Land nie- 
mals zum Frieden gelangen. 
Auch die badische Regierung veröffentlichte die Sechs Artikel ohne 
Vorbehalt, weil sie fürchtete, sich durch nutzlose Zusätze bloßzustellen?“?) und 
weil sie ihrer ganzen Widerstandskraft bedurfte, um vielleicht noch ihr 
Preßgesetz zu retten. Längst wünschte der Großherzog sehnlich seinen 
Frieden mit den großen Mächten zu schließen. Um die Hofburg über 
seine tadellose Gesinnung aufzuklären, sendete er im Frühjahr den Frei- 
herrn von Falkenstein nach Wien, erhielt aber zur Antwort nur einen 
freundlich mahnenden Brief von Kaiser Franz.) Seine Minister ge- 
nügten ihm nicht. Winter zeigte sich zwar sehr aufgebracht über Rotteck 
und dessen Getreue: „Da ist mir Herr Wirth noch ein ehrenwerterer 
Gegner“ — schrieb er einmal. „Der Bursche ist ein Radikaler, ein ver- 
rücktes Gehirn, aber doch ein deutscher Radikaler und sagt offen, was er 
will. Die Freiburger sind Heuchler.“) Gleichwohl konnte sich Leopold 
nicht verbergen, daß dieser bürgerfreundliche Minister niemals das Ver- 
trauen der beiden Großmächte gewinnen werde, und berief daher im Mai 
den Freiherrn von Reizenstein aus der Stille seiner Heidelberger gelehrten 
Muße wieder an die Spitze des Ministeriums — jenen verdienten Staats- 
  
*) Arnims Bericht, 26. Juli 1832. 
*4) S. o. IV. 134. 
***) Türckheim an Blittersdorff, 10. Aug. 1832. 
)ATürckheim an Blittersdorff, 28. Mai; Otterstedts Bericht, 9. Juni 1832. 
s) Winter an Otterstedt, 18. Juni 1832.
	        
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