Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

346 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten. 
dies in Wien der fanatische Feudale Prinz Konstantin Löwenstein das Wort 
für seine Standesgenossen. Er versicherte ungescheut: wenn in dem Gebiete 
eines mediatisierten Herrn noch die Folter bestünde, so könnte sie durch ein 
Gesetz des neuen Landesfürsten nicht aufgehoben werden — und brachte 
durch seine maßlosen Ansprüche selbst die wohlgesinnten Minister in Har— 
nisch. Nach lebhaften Verhandlungen, die namentlich den alten Haß 
Nassaus gegen die Mediatisierten wieder offenbarten, beschloß die Konferenz, 
die ganze Frage unerledigt zu lassen, und verwies die Klagenden an den 
Bundestag. Also ward der alte Reichsadel durch eigene Schuld und durch 
die Wortbrüchigkeit der süddeutschen Staaten immer tiefer in seine un- 
natürliche Winkelstellung hineingedrängt. 
Die Ergebnisse der Beratungen wurden endlich in einem Schluß- 
protokoll von 60 Artikeln zusammengefaßt. Der liberale Luftzug wehte 
aber schon so schneidend durch die Welt, daß man nicht mehr wagte, dies 
Protokoll, wie einst die Karlsbader Beschlüsse, zu veröffentlichen. Nur 
einzelne Artikel sollten in Frankfurt als Bundesbeschlüsse verkündet werden; 
die übrigen, und vornehmlich jene gefährlichen Verabredungen über die 
Rechte der Landtage, blieben geheim. Die Regierungen verpflichteten sich 
insgeheim, auch diese geheimen Artikel ebenso unverbrüchlich zu befolgen, 
„als wenn dieselben zu förmlichen Bundesbeschlüssen erhoben worden 
wären“. 
Da drohte das Schiff dicht vor dem Hafen noch zu stranden. Der 
Münchener Hofs, dessen Wünschen die Konferenz stets bereitwillig entgegen- 
gekommen war, erhob plötzlich Einspruch, und mit gutem Grunde meinte 
Türckheim, dahinter verberge sich nur „das dünkelhafte Prinzip der Iso- 
lierung und eine mehr der Angstlichkeit als aufrichtigem Liberalismus zu- 
zuschreibende Besorgnis“.) König Ludwig war augenblicklich mit seinem 
neuen Landtage zufrieden; auch fand er es unwürdig, sein Reich einem 
förmlichen Beschlusse der Bundesgenossen zu unterwerfen. Höchstens einem 
freien Vertrage wollte er sich anschließen, und sein vertrauter Minister 
Fürst Wallerstein, der gern den Liberalen spielte, bestärkte ihn in seinen 
Bedenken gegen das Bundesschiedsgericht.*) Die Bestürzung in Wien war 
groß. Ancillon hielt für nötig, sein grobes Geschütz aufzufahren, und sendete 
nach München einen von Schmeicheleien und Mahnungen überströmenden 
Erlaß: „Wir waren überzeugt, die Einheit Deutschlands fester und folglich 
stärker gemacht zu haben. Wie wäre es möglich, daß der Fürst, dem 
Deutschland großenteils das schöne Werk des Zollvereins verdankt, und 
der darin immer ein Unterpfand der Eintracht und eine neue Stütze der 
Einheit gesehen hat, jetzt diese Einheit durch Trennung von seinen Bundes- 
genossen schwächen oder bloßstellen könnte, jetzt, da es sich darum handelt, 
  
*) Türckheim an Blittersdorff, 14. Juni 1834. 
**) Dönhoffs Berichte, 31. Mai, 19. Juni 1834.
	        
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