Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Moritz Mohl. Mieg. 367 
dem bestand wenig Freundschaft zwischen den Beamten der beiden König— 
reiche; ein Glück nur, daß Schmitz-Grollenburg, der württembergische 
Gesandte in München, das Vertrauen König Ludwigs besaß und die 
Fäden nicht gänzlich abreißen ließ. 
So verging das Jahr in leidiger Verstimmung. Da raffte sich 
endlich König Ludwig auf und ließ am Silvesterabend eine derbe Note 
an Schmitz-Grollenburg schreiben: Der süddeutsche Verein sei tatsächlich 
aufgelöst, die Wiederaufnahme der preußischen Verhandlungen schlechthin 
unvermeidlich. Zugleich kam vom Berliner Hofe eine ernste Mahnung: 
wolle man zu Ende gelangen, so müsse statt unbrauchbarer Subalternen 
ein fähiger, hochgestellter Staatsmann die Unterhandlungen in Berlin 
führen. Der Rat wirkte. Zu Ende Januar 1833 wurde der bayrische 
Finanzminister von Mieg als gemeinsamer Bevollmächtigter der beiden 
Kronen nach Berlin gesendet: ein Jugendfreund König Ludwigs noch von 
den frohen Salzburger Tagen her, ein trefflicher Beamter von großer 
Sachkenntnis und seltener Arbeitskraft, die der König nach seiner Weise 
bis auf den letzten Tropfen auspreßte — in der Handelspolitik sehr frei 
gesinnt, dabei gütig und liebenswürdig, hochgebildet, von feinen gewinnen- 
den Formen. Er vermied über Stuttgart zu reisen, weil er der pedan- 
tischen Schwerfälligkeit der württembergischen Schreiber mißtraute, sprach 
aber unterwegs in Dresden ein, verständigte sich mit den sächsischen Finanz- 
männern und erschien am 6. Febr. in der preußischen Hauptstadt. Eichhorn 
und Maassen kamen ihm herzlich entgegen; es bewährte sich wieder, wie 
Blittersdorf mit ärgerlichem Lobe zu sagen pflegte, „Preußens seltenes 
Talent, fremde Staatsmänner in Berlin zu gewinnen“. Noch boten sich 
der Bedenken viele; allein da Preußen auf seinen erprobten Tarif, seine 
festbegründete Zollverwaltung verweisen konnte, so blieb nur übrig, die 
im Norden bestehende Ordnung mit einigen Anderungen anzunehmen. 
Preußen verzichtete auf jedes Präzipuum, trotz der Warnungen der Finanz- 
partei. Die Einnahmen wurden nach der Kopfzahl verteilt; nur für die 
Schiffahrtsabgaben auf der Oder und Weichsel, die ja gar nicht zur Zoll- 
gemeinschaft gehörten, bezog Preußen eine Bauschsumme. Auch der teuerste 
Herzenswunsch des bayrischen Großmachtsbewußtseins fand Erfüllung: 
jeder Staat erhielt das Recht, Handelsverträge zu schließen, lediglich die 
Verträge mit dem russischen Polen blieben dem preußischen Staate vor- 
behalten. Zum Entgelt für so große Zugeständnisse wagte Mieg in 
einem Punkte seine Instruktionen zu überschreiten; er bewilligte, daß 
die preußische Zollverwaltung des rascheren Übergangs halber sofort im 
Süden provisorisch eingeführt würde, noch bevor die Zollgemeinschaft in 
Kraft trat. 
Am 4. März wurden die hessischen Bevollmächtigten zur ersten Plenar- 
versammlung gerufen, am 22. kam der Vertrag zustande: die verbün- 
deten Staaten, „in fortgesetzter Fürsorge für die Beförderung der Freiheit
	        
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