Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

368 IV. 6. Der Deutsche Zollverein. 
des Handels zwischen ihren Staaten und hierdurch zugleich in Deutschland 
überhaupt“, bilden einen „Gesamtverein“, der am 1. Januar 1834 für 
acht Jahre ins Leben tritt. Das Grundgesetz entsprach im wesentlichen 
den hessischen Verträgen, nur daß die Selbständigkeit der Bundesgenossen 
erheblich verstärkt wurde. Für jede Anderung der Zollgesetze wurde Ein- 
stimmigkeit der Verbündeten gefordert. Das schlimmste Gebrechen des 
Vereins lag weniger in seinen Satzungen als in der Verschiebung der Macht- 
verhältnisse. Durch den Zutritt mehrerer größerer Staaten mit gleichem 
Stimmrecht wurde die freie Tätigkeit der preußischen Handelspolitik unver- 
meidlich erschwert. Die neuen Rechte dagegen, die man den Zutretenden 
einräumte, schienen bedenklicher, als sie waren — ganz wie die Ausnahme- 
bestimmungen der Versailler Verträge. Die Befugnis, Handelsverträge zu 
schließen, dies von Bayern mit so leidenschaftlichem Eifer erstrebte Kleinod, 
erwies sich als ein ebenso harmloses Spielzeug, wie jener unfindbare Bundes- 
ratsausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten, welchen Preußen in 
Versailles dem Männerstolze der Königskronen zugestand. Preußen allein 
galt im Auslande als Haupt und Vertreter des Zollvereins; daher sind 
alle irgend wichtigen Handelsverträge durch Preußen im Namen des 
Vereins abgeschlossen worden. Auch die Kontrolle ward ermäßigt, auf 
Bayerns Andringen. Die Verbündeten sendeten bloß Vereinsbevollmächtigte 
zu den Zolldirektionen, Kontrolleure zu den Hauptzollämtern der Genossen; 
eine gegenseitige Visitation des Grenzdienstes fand nicht mehr statt. Solche 
Formen verschlugen wenig; denn im Grunde war der Verein auch bisher 
nur durch wechselseitiges Vertrauen und die Macht der Interessen zu- 
sammengehalten worden. Die Bundesgenossen gelobten einander „unbe- 
schränkte Offenheit“ in der Zollverwaltung, und sie haben ihr Wort redlich 
gehalten. Um den hergebrachten bundespatriotischen Phrasen zu genügen 
und zugleich gegen alle Angriffe von Frankfurt her sich zu decken, ver- 
sprachen die Verbündeten ihren Verein aufzulösen, sobald der Bundestag 
den Art. 19 erfülle — eine gemütliche Zusage, die Eichhorn schwerlich 
ohne stilles Lächeln gegeben hat. 
Da Bayern und Württemberg noch immer ihre törichte Sorge vor 
finanziellen Verlusten nicht aufgaben, so wurde in einem geheimen Artikel 
den Verbündeten das Recht vorbehalten, den Verein vor der Zeit zu 
kündigen, falls ihre Zolleinnahmen einen Ausfall von 10 % des bisherigen 
Rohertrags aufwiesen. Maassen unterschrieb getrosten Mutes; er wußte, 
daß der Vertrag ein Löwenvertrag war zu Gunsten des Südens, und der 
Erfolg sollte seine Erwartungen noch weit übertreffen. In den Jahren 
von 1834—1845 hat der Norden an Bayern 22,29 Mill. Tlr., an 
Württemberg 10,3 Mill. herausgezahlt, in dem Zeitraum von 1854—1865 
empfing Bayern vom Norden 34 Mill. Während der zwei ersten Jahr- 
zehnte des Zollvereins haben bei der Abrechnung regelmäßig nur Preu- 
ßen, Sachsen, Frankfurt und Braunschweig herausgezahlt; alle anderen
	        
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