Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

140 IV. 7. Das Junge Deutschland. 
nach Gutdünken, die meisten sehr mild. Da und dort schritt man ein 
wider einzelne Bücher der Jungdeutschen; in Preußen wurde sogar der 
gesamte Verlag der Hamburger Firma Hofmann und Campe, die Heines 
Schriften herausgab, einige Jahre lang verboten. Aber die Ausführung 
der Verbote geschah überall sehr saumselig und unterblieb endlich ganz. Die 
einzigen Schriften des Jungen Deutschlands, nach denen die Lesewelt ver- 
langte, die Werke Heines und Börnes, gelangten fast unbehelligt in jeder- 
manns Hände. Von einer ernsthaften Verfolgung war keine Rede; die 
jungdeutschen Literaten kamen ungleich glimpflicher davon als die Heraus- 
geber der unterdrückten politischen Zeitungen. Trotzdem fuhr Heine fort, den 
unglücklichen Verbannten zu spielen, und verglich sich mit Dante, der auch 
das salzige Brot der Fremde habe essen müssen. Nur Gutzkow mußte 
etwas schwerer büßen, er wurde von dem Mannheimer Hofgerichte zu 
kurzer Haft verurteilt, weil seine Wally unbestreitbar eine „verächtliche 
Darstellung der christlichen Religion“ enthielt. 
Wie erträglich auch diese Leiden waren, so genügten sie doch die Häupter 
des Jungen Deutschlands mit dem Heiligenscheine des Martyriums zu 
zieren. Wer mit dem Bundestage in Händel geriet, behielt vor der öffent- 
lichen Meinung immer recht; und war es denn nicht eine tief beschämende 
Erfahrung, daß sogar die schöne Literatur, die sich in Deutschland jeder- 
zeit unbeschränkter Freiheit erfreut hatte, jetzt der Willkür der Polizei unter- 
worfen wurde? Darum trat der Heidelberger Paulus, der Anwalt aller 
Verfolgten, für Gutzkows Wally in die Schranken. An den gewundenen 
Sätzen merkte man freilich, wie schwer es dem alten Rationalisten fiel, das 
durchaus atheistische Buch in Schutz zu nehmen; auch andere Verteidiger 
Gutzkows begnügten sich mit der schmeichelhaften Behauptung, dieser Roman 
könne niemand verführen. Die Mehrzahl der Verfolgten selbst zeigte den 
Regierungen gegenüber wenig Heldenmut. Soeben hatten sie sich noch 
prahlerisch vermessen, die bürgerliche Gesellschaft aus ihren Angeln zuheben; 
jetzt beteuerten sie demütig, wie harmlos ihre Gesinnung, wie gering ihr 
Wirkungskreis gewesen sei. Heine richtete an den Bund ein Schreiben, das 
er selbst vor Freunden einen „indlich siruplich submissen Brief“ nannte; 
darin berief er sich „auf das Beispiel des Meisters, des hochteueren 
Mannes Martin Luther“, und versicherte „in tiefster Ehrfurcht“, er werde 
immer den Gesetzen seines Vaterlandes gehorchen. Der Bundestag aber 
kannte seinen Mann und legte die Eingabe als ungeeignet zu den Akten.) 
Auch an Metternich sendete Heine — mit dem gleichen Erfolge — die 
untertänige Bitte, das siegreiche Osterreich möge großmütig sein und 
ihn aus seinem Elend ziehen.“) 
Zaghaft vor den Behörden, ergossen die Jungdeutschen ihren ganzen 
Zorn über Menzels Haupt. Er allein sollte schuld sein an der Ver- 
*) Schölers Bericht, 24. Mai 1836. 
**) Maltzahns Bericht, 1. Juli 1836. 
 
	        
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