Die süddeutschen Bundesfestungen. 101
mandierenden Offiziere Möbel anzuschaffen, welche, dank der mangelhaften
Kontrolle, schon wieder fast ganz zerstört waren. So schimpflich das alles
war, Graf Münch meinte achselzuckend: ein Neubau könne für diesen
Krieg doch nichts mehr nutzen und nur gefährliches Aufsehen erregen.
Selbst Radowitz hielt für geraten, jetzt für Mainz nichts zu fordern,
denn sonst wäre die Beratung über die süddeutschen Bundesfestungen,
welche dem Könige zunächst am Herzen lag, nie zum Abschlusse gelangt.“)
Seit dem Jahre 1836 ward diese so sündlich verschleppte Angelegen-
heit wieder ernstlich besprochen. Die Parteien standen noch wie vor zwei
Jahrzehnten. Während die Süddeutschen, nach Sinn und Wortlaut der
Verträge, eine Bundesfestung „am Oberrhein“, also Rastatt verlangten,
bestand Osterreich noch immer auf der Befestigung von Ulm. Der k. k.
Hofkriegsrat wollte seine Kaiserstadt gegen die Gefahren eines neuen
napoleonischen Donaufeldzuges decken und verfocht hartnäckig die doktri-
näre Behauptung, daß die Franzosen den nächsten Krieg unfehlbar mit
einem Zuge durch die Schweiz eröffnen, mithin die oberrheinischen Lande
von vornherein umgehen würden. Diesen Ansichten, die nur zu leb-
haft an den wundersamen Feldzugsplan von 1814 erinnerten, pflichtete
in Berlin nur ein einziger namhafter Offizier bei: der immerdar öster-
reichisch gesinnte Knesebeck. Alle andern Generale, voran der Kriegs-
minister Rauch und der Generalstabschef Krauseneck standen auf der Seite
der oberrheinischen Höfe. Krauseneck sagte mit preußischem Gradsinn:
„die Süddeutschen wollen eine sie schützende Festung haben, ohne den
Osterreichern dienstpflichtig zu werden; diese, welche die Revolution zum
Gespenst machen, mit dem sie die Kabinette einschüchtern, wollen eine
österreichische Festung mit deutschem Gelde erbaut wissen.“ Aber die
süße Gewohnheit, deutsche Kräfte für österreichische Zwecke auszubeuten,
war in Wien seit Jahrhunderten zu fest eingebürgert; der Hofkriegsrat
blieb unbelehrbar. Daher kam Friedrich Wilhelm III. schon frühe zu der
Einsicht, der unwürdige Streit lasse sich nur dann beilegen, wenn man
beide Plätze, Ulm und Rastatt zugleich befestige. Auch General Aster
meinte, es gebe keinen anderen Ausweg. Der Petersburger Hof, der es
nun einmal nicht lassen konnte, die Verteidigung unserer Westgrenze wie
seine eigene Sache zu behandeln, äußerte sich in gleichem Sinne gegen
die deutschen Großmächte.
Der alte Herr erlebte noch die Freude, daß die süddeutschen Staaten
sich im April 1840, auf einer Konferenz zu Karlsruhe, über den preußi-
schen Vermittlungsvorschlag einigten und auch Baden endlich ein Stück
Landes für den Germersheimer Brückenkopf abtrat.*) Aber erst sein
*) F. Z. M. Landgraf von Hessen-Homburg an das Bundespräsidium 21. Aug.
Berichte von Schöler, 4., 12. Sept., von Sydow, 31. Okt. 1840.
**) Dönhoffs Bericht, 25. April 1840.