104 V. 2. Die Kriegsgefahr.
ständigen Landwehrplan für Süddeutschland ausarbeiten lassen, den ein—
zigen, der die Landwehr aus geschulten alten Liniensoldaten bilden wollte
und sich einigermaßen an das bewährte preußische Vorbild anschloß.“)
Nach wenigen Monaten war von alledem keine Rede mehr, und Prinz
Emil von Hessen sagte nachher traurig zu dem preußischen Bundesge—
sandten: die beste Gelegenheit, das preußische Heerwesen im Süden einzu—
führen, ist versäumt.“*) Metternich schrieb noch im Frühjahr triumphierend
an den König von Württemberg: Durch das erwachte Nationalgefühl „hat
sich die gediegenste der Mächte in innerer Kraft und Kopfzahl, der Deutsche
Bund seit seinem Entstehen zum ersten Male auf dem Felde der euro—
päischen Politik gezeigt. Die Erfahrung hat bewiesen, was der Bund zu
sein vermag, wenn er einig dasteht.“ Die Antwort des Schwabenkönigs
aber klang entschieden mißtrauisch: „Diese nämlichen Resultate werden
sich stets wieder erneuern, solange die Grundregeln des Bundes — gleiche
Rechte und gleiche Pflichten — beobachtet, und ebenso nur im deutschen
Interesse solche Opfer verlangt werden, welche Regierungen und Völker
bringen können.“ ***) Unter Freunden äußerte sich König Wilhelm noch
weit schärfer; dem sächsischen Gesandten Nostiz-Jänkendorf klagte er: so
weit ist selbst Napoleon nicht gegangen, daß er die Rheinbundstruppen ge—
mustert hätte! )
Und wie sollten auch die kleinen Fürsten Vertrauen fassen, wenn
die Hofburg, die alte Feindin der nationalen Idee, jetzt plötzlich das deutsche
Nationalgefühl feierte! Der letzte Grund der deutschen Zerrissenheit lag
in Wien. „Die moralischen Kräfte Osterreichs schlummern; alles, was
sich dieser Luft nähert, wird davon angesteckt,“ so schrieb Maltzan, der
Freund Metternichs um Neujahr 1841; und sein Nachfolger Canitz, der
dem k. k. Staatskanzler noch näher stand, sagte ein Jahr nachher: „Man
scheint hier zu glauben, daß die Maschine des Deutschen Bundes zer-
brechen würde, sobald man versuchte, sie in Bewegung zu setzen. Da
man immer fürchtet, zu viel zu tun, so liebt man gar nichts oder so
wenig, als möglich zu tun.“ )Solange der König von Preußen diese
Wahrheit nicht einsah, mußten alle seine hochherzigen Reformpläne ein
Stückwerk bleiben. Er aber wollte sie nicht einsehen. Er ging darüber
hinweg, daß die Allgemeine Zeitung den preußischen Staat eben jetzt in
höchst gehässigen Artikeln befehdete, welche ersichtlich aus Metternichs
nächster Umgebung herrührten; er fand es nicht einmal anstößig, daß Hof-
*) Badische Denkschrift „über die Errichtung einer Landwehr in den verschiedenen
süddeutschen Staaten“ 1841.
**) Dönhoffs Bericht, 9. März 1843.
***) Metternich an König Wilhelm von Würtiemberg, 26. April, Antwort 5. Mai
1841.
) Dönhoffs Bericht, 20. April 1844.
) Berichte von Maltzan, 5. Jan. 1841, von Canitz, 26. Jan. 1842.