Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Dritter Abschnitt. 
  
Enttäuschung und Verwirrung. 
Während der drei letzten Jahre seiner Regierung hatte Friedrich 
Wilhelm III. die Provinziallandtage nicht mehr versammelt, weil er die 
Besprechung des Kölnischen Bischofsstreites vermeiden wollte. Der neue 
König berief sie allesamt schon auf das Frühjahr 1841 zur regelmäßigen 
Tagung; er hoffte — so ließ er ihnen aussprechen — „mit wahrer Freudig- 
keit auch für die ständischen Verhältnisse eine lebendigere Zeit zu beginnen.“ 
Da erinnerte ihn, gerade als die ersten Landtage zusammentraten, zum 
dritten Male ein Mahnruf aus Ostpreußen an die Verheißungen des 
Vaters. Im Februar erschienen die „Vier Fragen, beantwortet von einem 
Ostpreußen“ — eine den Ständen Altpreußens gewidmete Flugschrift, die 
der unklaren Sehnsucht der Liberalen endlich ein brauchbares Programm, 
ein handliches Schlagwort darbot. In scharfer, zuversichtlicher, beinah 
drohender Sprache forderte sie für dies längst mündige hochgebildete Volk 
„Offentlichkeit und wahre Vertretung“ statt der Beamtenallgewalt und 
der politischen Nichtigkeit aller selbständigen Bürger; sie behauptete frisch- 
weg, das Versprechen der Volksrepräsentation vom Mai 1815 sei gültiges 
Gesetz, und gelangte dann, ohne in die schwierigen Rechtsfragen tiefer 
einzugehen, mit der schnellfertigen Logik des Radikalismus zu dem ein- 
fachen Schlusse: Preußens Provinzialstände sollten „das, was sie bisher 
als Gunst erbeten, nunmehr als erwiesenes Recht in Anspruch nehmen.“ 
Otto Wigand in Leipzig, der unermüdliche Verleger der radikalen Partei 
hatte die Vier Fragen gedruckt; auf dem Titel stand aber der Name: 
Heinrich Hoff in Mannheim, eine Firma, die fortan oftmals von preu- 
ßischen Schriftstellern vorgeschoben wurde und in der nächsten Zeit als 
Herberge der Opposition eine ähnliche Rolle spielte wie vor zweihundert 
Jahren die holländische Scheinfirma Peter Hammer in Köln. 
Der ungenannte Verfasser war Johann Jacoby, ein jüdischer Arzt 
in Königsberg. Er gehörte schon zu dem neuen Geschlechte, das die Be- 
freiungskriege nicht mit Bewußtsein durchlebt hatte, seine Ideale der Juli-
	        
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