152 V. 3. Enttäuschung und Verwirrung
in Posen.“ Und Eugen von Breza hatte den Mut, in einer Flugschrift
über Posener Zustände auszusprechen: der beste Pole seit Kasimir dem
Großen sei der Bauernbefreier Friedrich Wilhelm III. gewesen. Aber solche
vereinzelte Stimmen wurden durch den Terrorismus der Revolutionäre
rasch niedergedonnert; gegen Breza schrieb Aug. Hatzfeld eine höhnische
Erwiderung, die unzweifelhaft die Meinung der polnischen Mehrheit wieder—
gab. Die „Zentralisation“ der polnischen Propaganda in Paris und Ver—
sailles unterhielt seit Jahren, durch Palmerston beschützt, mit den Posener
Landsleuten einen geheimen Verkehr, den die englische Gesandtschaft in
Berlin vermittelte*); und trotz der Beschwerden des preußischen Hofes hörte
diese Verräterei der britischen Freunde, selbst als die Torys zur Regie—
rung gelangten, nicht gänzlich auf. Auch unmittelbar wurden, mit Um—
gehung der Post, regelmäßige Botschaften zwischen Paris und Posen aus-
getauscht.)
Gerade die Großpolen um Posen und Gnesen besaßen im höchsten
Maße jenen tolldreisten, abenteuerlichen Sinn, welcher den Polen bei
ihren östlichen Nachbarn den Namen der Hirnlosen verschafft hatte. Nach
den Erfahrungen des Flottwellschen Regiments mußten sie auch wohl
glauben, daß Gefahr im Verzuge sei, und das Deutschtum im polnischen
Rom dereinst noch siegen könnte. Als Menschen, so sagten sie oft, befin-
den wir uns besser, als Polen schlechter denn unsere Brüder in Galizien
und Warschau. Seit dem Jahre 1842 suchte die Zentralisation grades-
wegs einen neuen Aufstand vorzubereiten; sie gründete in Versailles eine
eigene Kriegsschule, Mieroslawski und Wysocki hielten militärische Vor-
träge, viele junge Polen besuchten französische Militärbildungsanstalten.
Jedermann fühlte, daß ein Sturm in der Luft lag. Erzbischof Dunin,
der kaum begnadigte, gebärdete sich wie der Herr des Landes; das ge-
schmeidige Pfäfflein mit dem violetten Käppchen lächelte verständnisinnig,
wenn ihm der Adel als dem Primas von Polen huldigte. Zum Dank
für seine Befreiung ernannte er den Offizial Brodzizewski, den eigent-
lichen Anstifter des Kirchenstreites *“*) zum Weihbischof von Gnesen und
verlangte, daß alle Schulbücher der Provinz der erzbischöflichen Kurie zur
Genehmigung eingereicht würden. Er wagte in seinen Rundschreiben
an den Klerus die Regierung offen anzugreifen und beklagte sich vor
dem Monarchen über „die unerhörte Arroganz“ der königlichen Beamten
in so frechem Tone, daß ihm Eichhorn einen scharfen Verweis senden
mußte.)Das persönliche Verhältnis zwischen Deutschen und Polen
ward um so kälter, je leiser die Regierung auftrat; selbst Graf Raczynski,
*) Rochow an Graf Maltzan, 29. Dez. 1841.
**) Nagler an Minister Werther, 20. Mai 1841.
***) S. o. IV. 708.
1) Dunin, Eingabe an den König, 29. Jan.; Eichhorn an Dunin, 22. Febr., Be-
richt an den König, 24. Febr. 1841.