Savigny. Alvensleben. Bodelschwingh. 157
Friedrich Wilhelm auch diesmal wieder einen bedeutenden Mann an die
falsche Stelle gesetzt hatte; Savignys Tätigkeit im Ministerrate beraubte
die Wissenschaft auf einige Jahre einer unvergleichlichen Kraft und för—
derte die preußische Gesetzgebung nur wenig.
Leichter als Kamptz trennte sich Graf Alvensleben von seinem Amte.
Er hatte vor Jahren der romantischen Maikäfergesellschaft der Gebrüder
Gerlach angehört und wurde von diesen Jugendfreunden noch immer zu
den zuverlässigen Gesinnungsgenossen gezählt. Durch seine lange Amts—
führung war er jedoch an den geräuschlosen stetigen Gang des alten Re—
giments gewöhnt und sagte zu Rochow von vornherein: jetzt sei für sie
beide kein Platz mehr, der neue Herr wolle in allem allein regieren, selbst
die Einzelheiten der Verwaltung durch oft willkürliche oder unpraktische
Befehle regeln, und umgebe sich darum absichtlich nur mit Männern,
die er weit übersehe. Längst entschlossen, sich bei rechter Gelegenheit zu-
rückzuziehen, erhielt der Graf im Oktober 1841 einen scharfen Verweis,
weil er bei den schwebenden Verhandlungen über die Zuckerzölle den Ab-
sichten des Monarchen zuwider gehandelt hätte. Sofort verlangte er
seinen Abschied.) Das hatte Friedrich Wilhelm nicht beabsichtigt; denn er
schätzte Alvensleben sehr hoch, und war vorm Jahre schon nahe daran
gewesen, ihm das wichtige Kultusministerium zu übertragen. Um den ge-
kränkten Minister zu beschwichtigen, dachte der König in der ersten Ver-
legenheit, alle Schuld an dem Streite auf den pedantischen alten General-
steuerdirektor Kuhlmayer abzuwälzen. Da trat ihm Thile entgegen und
sagte freimütig: das würde die erste wirkliche Ungerechtigkeit in der Re-
gierungszeit Sr. Majestät sein, denn Kuhlmayer habe immer nur genau
die Weisungen des Ministers befolgt.**) So blieb es denn dabei, daß
Alvensleben aus der Finanzverwaltung austrat; mit ihm schied auch
Kuhlmayer.
Der König war jedoch nicht gesonnen, sich gänzlich von dem alten
Freunde zu trennen; er ließ durch Leopold Gerlach, nachher durch die
Königin mit ihm verhandeln, und Alvensleben entschloß sich endlich, als
Kabinettsminister neben General Thile einen Teil der politischen Vorträge bei
dem Monarchen zu übernehmen. Mittlerweile wurde der Oberpräsident
v. Bodelschwingh zum Eintritt in das erledigte Amt aufgefordert, und
nach den Anschauungen des alten Beamtentums betrachtete er es als
seine Dienstpflicht, dem Rufe des Königs zu gehorchen, obgleich er sehr un-
gern seinen schönen rheinischen Wirkungskreis verließ. *“) Im Mai 1842
trat er das Amt an, unter ihm Geh. Rat Kühne als Generalsteuer-
direktor. Endlich wieder schien ein frischerer Geist in die etwas erstarrte
*) Nach Kühnes Aufzeichnungen.
*)1Thiles Bericht an den König o. D. (Januar 1842).
*77) Bodelschwingh an Thile, 25. Nov 1841.