216 V. 3. Enttäuschung und Verwirrung.
Traum, durch die Stürme der Revolution unterbrochen wurde; endlich
in den letzten Jahren noch den reichen Palladio-Bau der Orangerie.
Es waren Werke von allerlei Stil, dem eklektischen Geschmacke des Königs
entsprechend, und sie hinterließen doch nicht den Eindruck stilloser Bunt-
heit, weil sie auf weiten Räumen verteilt, zwischen den Bäumen einge-
rahmt standen. Jeder Beschauer mußte fühlen, daß ein reicher und hoher
Geist hier sinnvoll waltete.
Für Berlin reichte eine solche, mehr schmückende und spielende als
schöpferische Kunsttätigkeit nicht aus. Sollte der Kunst der Hauptstadt
die verheißene neue Blütezeit erscheinen, so mußten monumentale Bauten
von mächtiger Eigenart den Werken Schlüters und Schinkels gegenüber-
treten, welche den architektonischen Charakter Berlins bisher bestimmt hatten,
und dieser Aufgabe war weder der unruhige Geist Friedrich Wilhelms
selbst gewachsen, noch das feine, geschmackvolle, zierliche Talent des Thü-
ringers Stüler, der dem Monarchen fortan nach Persius' frühem Tode fast
bei allen seinen Bauplänen zur Hand ging. Mit liebevollem Eifer und
meist auch mit glücklichem Erfolge bemühte sich der König zunächst, die
Bauwerke seiner Vorfahren zu vollenden und zu zieren. Dem Museum
gab er auf Dach und Treppe reichen Skulpturenschmuck, wie den Treppen-
wangen des Schauspielhauses, die Säulenhalle davor wurde mit den Fres-
ken nach Schinkels Entwürfen geziert; über den Pfeilern der breiten
Schloßbrücke ließ er schöne Marmorgruppen lernender und kämpfender
Krieger aufrichten, unbekümmert um den prosaischen Spott seiner Berliner,
die sich an diese nackten Puppen gar nicht gewöhnen wollten. An der neuen
Terrasse vor dem Schlosse prangten die vom Zaren Nikolaus geschenkten
Rossebändiger des edlen Baron Clodt; auch sie wurden von dem Witze der
Hauptstädter als Bilder des gehemmten Fortschritts und des geförderten
Rückschritts verhöhnt, während sich Rauch an der vollendeten Naturwahrheit
der beiden Rosse kaum satt sehen konnte. Das abgebrannte Opernhaus
Friedrichs des Großen wurde ganz nach Knobelsdorffs ursprünglichem
Plane, nur reicher und stattlicher wiederhergestellt; die ebenfalls ein-
geäscherten Mühlen über dem rauschenden Wehr der Spree standen in
der Gestalt einer malerischen Ritterburg wieder auf. Dann erhielt auch die
schwere etwas eintönige Masse des Hohenzollernschlosses selbst kräftigen
Abschluß und deutliche Gliederung durch Stülers bestes Werk, die ge-
waltige Schloßkuppel über dem römischen Triumphbogen.
Alle diese Zier= und Umbauten galten dem Könige nur als Beiwerk zu
der großen Umgestaltung, die er für die Mitte der Hauptstadt beabsichtigte.
Er dachte die lange Spreeinsel hinter dem alten Museum in eine Weihestätte
der Künste umzuwandeln, die durch Säulengänge von dem Treiben des All-
tags abgetrennt, eine ganze Reihe von Musentempeln umschließen sollte, und
wie er allezeit liebte sich in Plänen zu übernehmen, so schwelgte er jetzt in
immer neuen Entwürfen für die Ausführung dieser entzückenden Idee. Was