Pour le mérite. Wissenschaftliche Unternehmungen. 225
nannte,') durch die Stiftung eines Preises für Werke aus der vaterlän-
dischen Geschichte. Die Festlichkeiten, die er sonst noch für diesen Tag
anbefahl, beschränkten sich auf die Kirchen und Schulen; nur der Alt-
teutsche Maßmann veranstaltete ein lärmendes Turnfest in der Hasenheide.
Das Volk nahm wenig Anteil, denn was die Deutschen an Festlust be-
saßen, war in den Kölnischen Jubeltagen draufgegangen. Die radikale
Jugend fand den Rückblick auf dies Jahrtausend deutscher Geschichte wenig
erfreulich, und selbst ein reifer Mann wie Kühne nannte das Fest „einen
recht dummen Streich“. Unter dieser verbitterten Stimmung mußte auch
der Ansbacher Bildhauer Ernst von Bandel leiden, ein stürmischer Teutone
aus Maßmanns Freundeskreisen, der schon im Jahre 1838 den Plan ge-
faßt hatte, auf der Grotenburg im Teutoburger Walde, inmitten der west-
fälischen Gebirge, dem Cherusker Herman ein riesiges Denkmal zu er-
richten. Er dachte dabei an den ewigen Kampf der Germanen wider
die welsche, insbesondere die französische Tücke, und merkte nicht, daß er
also den Franzosen einen neuen Vorwand gab, sich selber für Kultur-
bringer, uns für Barbaren zu erklären. Unter schweren Opfern, mit
einer wunderbaren Ausdauer, der seine künstlerische Begabung leider nicht
von ferne gleichkam, lebte der begeisterte Patriot fortan diesem einen Ge-
danken; denn immer wenn eine Nation sich auf sich selbst besinnt, wendet
sie ihre andächtigen Blicke der fernsten Vorzeit zu. Um dieselbe Zeit, viel-
leicht angeregt durch Bandels Werk, schlug der Dichter Niccolini den Ita-
lienern vor, auf dem Gipfel des Mont Cenis ein Bild des Marius auf-
zubauen, mit drohend gen Norden gerichtetem Schwerte, und darunter die
Inschrift: Zurück ihr Barbaren! Das Unternehmen des tapferen Franken
fand anfangs lebhaften Anklang und wurde auch durch reiche Spenden
König Friedrich Wilhelms gefördert; jetzt aber erkaltete der Eifer, die un-
geduldige Jugend wollte Taten sehen, und wirklich ist das Werk erst nach
drei Jahrzehnten vollendet worden, als Deutschland auf große neue Siege
zurückschauen konnte.
Jener historische Preis war nur ein Glied aus einer langen Kette
königlicher Geschenke an die Wissenschaft. Durch die Freigebigkeit der Krone
erhielt Richard Lepsius die Mittel für die große vierjährige orientalische
Reise, die der Agyptologie erst einen festen wissenschaftlichen Boden schaffen
sollte. Ebenso wurde Karl Ritter bei seinen Reisen unterstützt; ihn liebte der
König zärtlich, denn eine so wunderbare Verbindung von frommer Einfalt
und tiefer Gelehrsamkeit fand sich in der modernen Welt nur selten. Die Aka-
demie der Wissenschaften wurde beauftragt die sämtlichen Werke König Fried-
richs herauszugeben, obgleich die gottseligen Fanatiker mindestens die Ge-
dichte und die philosophischen Schriften des großen Freigeistes von der Ver-
öffentlichung ausschließen wollten; zugleich begann Freiherr von Stillfried
*) König Friedrich Wilhelm an Thile, 29. März 1843.
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. V. 15