Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Pour le mérite. Wissenschaftliche Unternehmungen. 225 
nannte,') durch die Stiftung eines Preises für Werke aus der vaterlän- 
dischen Geschichte. Die Festlichkeiten, die er sonst noch für diesen Tag 
anbefahl, beschränkten sich auf die Kirchen und Schulen; nur der Alt- 
teutsche Maßmann veranstaltete ein lärmendes Turnfest in der Hasenheide. 
Das Volk nahm wenig Anteil, denn was die Deutschen an Festlust be- 
saßen, war in den Kölnischen Jubeltagen draufgegangen. Die radikale 
Jugend fand den Rückblick auf dies Jahrtausend deutscher Geschichte wenig 
erfreulich, und selbst ein reifer Mann wie Kühne nannte das Fest „einen 
recht dummen Streich“. Unter dieser verbitterten Stimmung mußte auch 
der Ansbacher Bildhauer Ernst von Bandel leiden, ein stürmischer Teutone 
aus Maßmanns Freundeskreisen, der schon im Jahre 1838 den Plan ge- 
faßt hatte, auf der Grotenburg im Teutoburger Walde, inmitten der west- 
fälischen Gebirge, dem Cherusker Herman ein riesiges Denkmal zu er- 
richten. Er dachte dabei an den ewigen Kampf der Germanen wider 
die welsche, insbesondere die französische Tücke, und merkte nicht, daß er 
also den Franzosen einen neuen Vorwand gab, sich selber für Kultur- 
bringer, uns für Barbaren zu erklären. Unter schweren Opfern, mit 
einer wunderbaren Ausdauer, der seine künstlerische Begabung leider nicht 
von ferne gleichkam, lebte der begeisterte Patriot fortan diesem einen Ge- 
danken; denn immer wenn eine Nation sich auf sich selbst besinnt, wendet 
sie ihre andächtigen Blicke der fernsten Vorzeit zu. Um dieselbe Zeit, viel- 
leicht angeregt durch Bandels Werk, schlug der Dichter Niccolini den Ita- 
lienern vor, auf dem Gipfel des Mont Cenis ein Bild des Marius auf- 
zubauen, mit drohend gen Norden gerichtetem Schwerte, und darunter die 
Inschrift: Zurück ihr Barbaren! Das Unternehmen des tapferen Franken 
fand anfangs lebhaften Anklang und wurde auch durch reiche Spenden 
König Friedrich Wilhelms gefördert; jetzt aber erkaltete der Eifer, die un- 
geduldige Jugend wollte Taten sehen, und wirklich ist das Werk erst nach 
drei Jahrzehnten vollendet worden, als Deutschland auf große neue Siege 
zurückschauen konnte. 
Jener historische Preis war nur ein Glied aus einer langen Kette 
königlicher Geschenke an die Wissenschaft. Durch die Freigebigkeit der Krone 
erhielt Richard Lepsius die Mittel für die große vierjährige orientalische 
Reise, die der Agyptologie erst einen festen wissenschaftlichen Boden schaffen 
sollte. Ebenso wurde Karl Ritter bei seinen Reisen unterstützt; ihn liebte der 
König zärtlich, denn eine so wunderbare Verbindung von frommer Einfalt 
und tiefer Gelehrsamkeit fand sich in der modernen Welt nur selten. Die Aka- 
demie der Wissenschaften wurde beauftragt die sämtlichen Werke König Fried- 
richs herauszugeben, obgleich die gottseligen Fanatiker mindestens die Ge- 
dichte und die philosophischen Schriften des großen Freigeistes von der Ver- 
öffentlichung ausschließen wollten; zugleich begann Freiherr von Stillfried 
  
*) König Friedrich Wilhelm an Thile, 29. März 1843. 
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. V. 15
	        
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