Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

226 V. 3. Enttäuschung und Verwirrung. 
die Urkundensammlung zur ältesten Geschichte des königlichen Hauses, die 
Monumenta Zollerana. Für Doves geniale Forschungen wurde das 
meteorologische Institut eingerichtet, das bald in ganz Norddeutschland 
seine Beobachtungsstationen anlegte. An die Spitze der Berliner Bibliothek 
kam Pertz, der Herausgeber der Monumenta Germaniae, der damals 
auf der Höhe seines Wirkens stand. 
Den Universitäten Berlin und Königsberg bewilligte der König so— 
gleich ein beträchtlich erhöhtes Einkommen; auch das arg vernachlässigte 
alte Greifswald sollte gehoben werden. Und wie viele glänzende Berufungen 
gleich in der ersten Zeit! Bald nach den Brüdern Grimm erhielt auch 
Dahlmann einen preußischen Lehrstuhl in Bonn angewiesen. Beim Ab— 
schied in Jena begrüßte ihn Robert Prutz mit einem Liede, das dem 
brausenden, ziellosen Tatendrange des jungen Geschlechts treuen Aus— 
druck gab: 
Es gilt dem kommenden Geschlechte, 
Es gilt dem künft'gen Morgenrot. 
Der Freiheit gilt es und dem Rechte, 
Es gilt dem Leben und dem Tod. 
Am Rhein wurde der Führer der Göttinger Sieben nicht minder freudig 
aufgenommen, und in seiner Antrittsvorlesung sagte er hoffnungsvoll: der 
Tadel der Nation gegen Preußens selbständige Politik werde erst verstummen 
„in der Fülle der Zeiten, vor dem unter Preußens Vorgange vollendeten 
Werke, vor Deutschlands großer Zukunft“. In die Berliner juristische 
Fakultät trat neben Stahl dessen Landsmann Puchta ein, der natürliche 
Nachfolger Savignys, ein tiefsinniger, in Schrift und Rede gleich ausge— 
zeichneter Lehrer des römischen Rechts; er gehörte einer gemäßigt konser— 
vativen Richtung an, doch als Freund Schellings, als Anhänger der histo— 
rischen Rechtsschule und streng kirchlicher Protestant erfuhr er, wie Stahl, 
in der Presse alsbald gehässige Anfeindungen. Nach seinem frühen Tode 
wurde der Schweizer Keller berufen, auch ein trefflicher Jurist, nur minder 
glücklich als Lehrer: er hatte einst in Zürich die Radikalen geführt, doch 
angeekelt von dem souveränen Unverstande, hielt er sich in Preußen zu 
der streng konservativen Partei. Als nun auch der milde, aber den Ra- 
tionalisten verhaßte Theolog Dorner neben Hävernick nach Königsberg 
berufen wurde, da hieß es allgemein, der König begünstige nur reaktionäre 
Gelehrte. Man dankte ihm auch nicht, daß er Maßmann, dem Bücher- 
verbrenner von der Wartburg, erlaubte, in Berlin einen großen Turnplatz 
einzurichten und nebenbei an der Universität verworrene germanistische 
Vorlesungen zu halten; die Burschenschafter aus der ältesten christlich- 
germanistischen Generation galten dem neuen Liberalismus allesamt für 
Dunkelmänner. Selbst der Baseler Protestant Gelzer, ein ernstgläubiger, 
keineswegs engherziger Literaturhistoriker wurde, kaum nach Berlin be- 
rufen, sofort als geheimer Jesuit verlästert.
	        
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