24 V. 1. Die frohen Tage der Erwartung.
Ritter von Ancona nannten? Der Gunst des neuen Königs war er
sicher, und mit jugendlicher Wagelust spannte er an seinem glückhaften
Schiffe alle Segel auf. Schon vor Jahren hatte er von der Regierung
dieses Fürsten erhofft, daß sie das heilige Reich aufrichten werde:
Was tausend Jahr' vergebens erstrebt das Vaterland,
Wird rasch sich dann erheben von solches Bauherrn Hand!
Nun sollte Berlin, bevor Größeres sich vollendete, zunächst ein deutscher
Musenhof werden wie einst Weimar, und sofort begann der Eifrige einen
Briefwechsel mit Gelehrten und Künstlern, um sie für die Hauptstadt zu
gewinnen. Für sich selbst wünschte er, da der Berner Gesandtschafts-
posten seinen Ansprüchen nicht genügte, den Vorsitz in einem großen Aus-
schusse für Kirche und Unterricht; so konnte er, unbelästigt von den lang-
weiligen Verwaltungsgeschäften, nach seiner Neigung anregen, belehren,
Ideen wecken und fördern.
Nicht ganz so nahe stand General v. Canitz dem Monarchen. Er
hatte sich als Kriegsmann wie als militärischer Schriftsteller ausgezeichnet,
dann aus Diebitschs Lager über den russisch-polnischen Krieg ebenso ein-
sichtig als unparteiisch berichtet, endlich auf den schwierigen Gesandtschafts-
posten zu Kassel und Hannover eine so selbständige Haltung eingenommen,
daß er trotz seines feinen Taktes dem Unwillen des Kurprinzen und des
Welfenkönigs nicht entgehen konnte. Eng befreundet mit den romantischen
Genossen Clemens Brentanos und Sovignys, hielt er die Befreiung der
Kirche von der Staatsgewalt und die Aufrichtung der ständischen Mon-
archie für die beiden großen Aufgaben der neuen Regierung. Indessen
hatte er nicht umsonst in dem unruhigen Kassel gelebt; er sah ein, daß
Preußen, um die Politik des Zollvereins durchzuführen, sich auch in seinem
inneren Leben den kleinen konstitutionellen Nachbarlanden annähern, mit-
hin seinen Reichstag, allerdings einen ständisch gegliederten, schleunigst
einberufen müsse. Harte Parteigesinnung blieb ihm fremd. Eine schöne
vornehme Erscheinung, gesprächig, geistreich, sarkastisch, ließ er im Verkehre
von seinen streng kirchlichen Grundsätzen gar nichts merken; die in diesem
romantischen Kreise so gröblich verkannten Verdienste des preußischen Be-
amtentums würdigte er gern; mit den Liberalen, sogar mit Varnhagen
kam er freundlich aus. Unter allen den frommen Freunden des Königs
zeigte er am meisten das unbefangene Wesen eines Weltmannes.
Von anderem Schlage war General Graf Karl v. d. Gröben, der
Schwiegersohn Dörnbergs, ein langer, hagerer altpreußischer Hüne, dem
der weiße Mantel des Deutschen Ordens noch um die Schultern zu hängen
schien. Dem Ritter ohne Furcht und Tadel ließ es keine Ruhe, bis er noch
im hohen Alter die Pilgerfahrt in das gelobte Land unternehmen konnte.
Wie freudig hatte er einst bei der Vorbereitung des Befreiungskrieges und an
dem Kampfe selbst teilgenommen; mit Gneisenau und Arndt, mit Schenken-
dorf und Görres war er so innig verbrüdert, daß er eine zeitlang sogar